Archiv für den Monat: Juni 2014

Tag 83, Teil 2.

Liebe Freunde,
Wir waren jetzt bei der Polizei. Außerdem in einem fahrradladen, wo ich ein Rad und Gepäckträger gekauft habe. In Hamburg werde ich mir dann ein “richtiges” Rad kaufen, und ich bin zuversichtlich dass die Versicherung das bezahlen wird. Wer sein Rad mit vier Schlössern sichert muss auch irgendwie belohnt werden. Ich danke euch allen sehr für euren Zuspruch. Das ist mir hundert mal mehr Wert als alles Geld. Und letzten Endes könnte es alles sehr viel schlimmer sein. Mir geht es gut und Julia auch und jetzt essen wir Kuchen und Tee bei starbucks. Vielen Dank euch allen!

Tag 83. Valencia

Liebe Leute,
Hier ist nun das Ende meiner Reise, viel zu schnell und ungeplant. Denn hier:

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Sollte mein Fahrrad stehen. Es fühlt sich wirklich fies und unfair an, dass die Reise kurz vor ihrem eigentlichen Ende nun so abrupt abgebrochen wird, aber ich kann es nicht ändern und muss mich nun damit abfinden. Julia und ich gehen jetzt zur Polizei.

Tag 82. Valéncia

Heute einfach nur rumgelaufen. Im Park Mittag gegessen und abends gekocht. Im Mercat Central unseren Hähnchen hackenden Kunstliebhaber José (unser Vermieter) getroffen. Er und seine Frau haben einen Stand mit Hähnchen- und sonstigem Fleisch (siehe Foto der überaus aussagekräftigen Visitenkarte). Er hat uns auf einen Orangensaft eingeladen und konnte es nicht glauben, dass Julia Vegetarierin ist. Daraufhin hat er mir gleich einige Scheiben Hähnchenbrust mitgegeben. Sehr nette Leute. Eben noch in unserem Viertel (es heißt “Ruzafa”) rumgelaufen, um ein Restaurant mit Paella zu finden. Fehlanzeige. Gibt es eher in den touristischeren Gegenden. Das ist vermutlich so, als wenn es in Barmbek überall Restaurants mit Würstchen und Sauerkraut gäbe. Also müssen wir morgen vielleicht an den Strand, wo es Restaurants zu Hauf gibt, oder in die Stadt. Wobei ich immer noch nicht weiß, wie man Paella eigentlich richtig isst. Mit den Muscheln, Schnecken, Hühnerbeinen etc. (Wenn ich das richtig verstehe alles noch in Schale usw.). Tja, ein unspannender Tag, aber nett. Und uns tun die Füße weh… Und jetzt gibt es Tee und Fußball.

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Tag 81. Valéncia

Heute in den Zoo. Um 9:20 bin ich immer noch müde. So geht das aber nicht weiter. Der Zoo ist sehr schön angelegt, mit viel Schatten. Wir machen irgendwann Pause und kaufen uns zwei überaus leckere bocadillos. Wir essen mit Blick auf die Tiere. Sehr schön. Wir müssen aber um 18h zu Hause sein, damit wir Fußball gucken können. Ich habe das Gefühl, für Julia ist das nicht ganz so wichtig, aber sie unterstützt mich da ganz geduldig :-)
Auf dem Weg nach Hause nur noch schnell Milch kaufen.
An der Kasse eine sehr nette Kassiererin, die uns zu einer Kasse winkt, die sie scheinbar nur für uns aufmacht, denn allen nach uns sagt sie höflich aber bestimmt, dass sie bitte zu der anderen Kasse gehen sollen. Ich habe dummerweise zwei Sachen, die eigentlich abgewogen werden müssen. Das fällt mir auch ein, als sie es mir etwas mitleidig erklärt. Ich laufe los und finde die Waage nicht. Also lege ich schweren Herzens meine Gebäckstücke wieder in die Kartons und gehe mit leeren Händen zur Kasse zurück. Die sehr nette Kassiererin hilft mir dann aber und kommt mit mir zu der Waage. Dazwischen sagt sie “cariño” und irgendwas mit “corazón” zu mir. Ach, ich bin ganz hin und weg von ihr. Sowas nettes.
Mit vollem Rucksack und noch einer vollen Tüte verlassen wir den Supermarkt. Auf dem Weg nach Hause kommt uns ein kleiner Junge mit seiner Oma entgegen. Er hat eine Barbiepuppe in der Hand, die er gerade stolz mit ihren eigenen ziemlich üppigen Haaren stranguliert. Vielleicht wollte er ihr auch nur einen Schal spendieren, denn es ist reichlich bewölkt und weht. Sehr angenehm. Zu Hause Abendbrot machen und Fernseher an. Noch bevor ich den Sender finde, hat Deutschland anscheinend schon ein Tor. Na das ist doch mal was. Allerdings tangiert mich die WM nicht sonderlich. Irgendwie bin ich noch nicht wieder in dem normalen Leben angekommen.

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Tag 80. València

Heute weniger heiß. Wunderbar. Wir warten trotzdem die Mittagshitze ab, um uns auf den Weg zu machen. Etwas in der Stadt rumlaufen, Kathedrale angucken und einkaufen. Es weht. Julia findet es frisch, ich finde es sehr angenehm. Die Stadt ist voll, obwohl es Sonntag ist. Wir halten am Mercado Central an, der leider geschlossen ist. Aber es gibt eine Art Café, wo wir churros con chocolate und eine “Horchata” bestellen. Ich weiß nicht genau, ob das ein Nationalgetränk ist, es hat jedenfalls Geschichte, laut Wikipedia,
und es gibt viele verschiedene Varianten. Wir haben die, die nach rohen Erbsenschoten mit Wasser, Milch und viel viel Zucker schmeckt. Soweit ich weiß ist keine Milch drin, sieht aber so aus. Dafür ist die chocolate eher ein Pudding. Wird aber in einer Tasse serviert, was ein Hinweis auf die Art und Weise des Konsums sein könnte. Leider isst niemand in der Nähe etwas ähnliches, sodass wir nicht abgucken können. Sicherheitshalber tunken wir die churros in die chocolate, nippen auch mal an der Tasse und schlürfen die Horchata, die wir uns höchstwahrscheinlich nicht unbedingt nochmal bestellen werden.
Danach ab in den Supermarkt und dann zu Hause rumgammeln :-) . Nachher gehen wir nochmal in die Stadt und gucken was so los ist. Erstmal gibt es eine Tiefkühllasagne aus der Mikrowelle. Angesichts der blassen Matsche, die die Mikrowelle verlässt, ist Julias “Guten Appetit” eher ein hoffnungsvoller Wunsch oder eine dringende Bitte, statt einer feststehenden Tatsache. Glücklicherweise gleicht eine steinharte Unterseite (vermutlich eine Lasagneplatte o.ä.) die überaus flüssigweiche Oberfläche aus. Wunderbare Welt der Mikrowellentiefkühlkost.

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Tag 79. València

Nachdem ich die Klimaanlage auf 19 Grad runtergestellt habe, haben wir etwas besser geschlafen. Morgens dödeln wir noch etwas rum, um dann in der Mittagshitze zum Aquarium zu fahren. Dazu nutzen wir nochmal den Touristenbus. Wie echte Touristen, die wir ja nunmal sind, stöpseln wir folgsam die Kopfhörer ein und stellen auf den deutschen Kanal. Nach gefühlten 30x Anhören des Hinweises, dass wir die DVD der Tour auch sowas von total direkt hier im Bus, was für ein Zufall, käuflich erwerben können, fröhlichem Winken und Grinsen meinerseits auf den Selfie-Fotos der Leute vor uns und der üblichen schweißtreibenden Verbindung unserer Oberschenkel mit den Plastiksitzen sind wir auch schon da und freuen uns über die gemütliche und anheimelnde Architektur des Komplexes:

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Also dann hier die Fische:

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Nach Pommes und Wasser geht es weiter mit der Delphinshow:

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Und schon ist es vier und wir gehen mal zum Hafen und essen unser Brot auf dem Weg. Die Hitze schafft es schließlich unsere Gehirne aufzuweichen, glücklicherweise immer unterschiedlich stark, sodass die eine die andere immer noch motorisch sowie mental mitnehmen kann. Irgendwann kommen wir tatsächlich am Hafen an und sind spärlich beeindruckt. Zwar große Yachten, aber nicht gemütlich. Also suchen wir die Haltestelle unseres Touristenbusses. Nicht einfach, wenn die Karte dazu kaum Straßennamen zeigt und die Haltestelle mit einem daumengroßen Klecks mitten drin markiert wird. Wir irren hier hin, wir irren da hin. Das macht quasi irrsinnig Spaß, sodass wir gar nicht mehr damit aufhören wollen. Leider finden wir fast zufällig doch die dünne Haltestellenstange mit dem kleinen Schild für die València Bus turistic. Da schallt uns von weiter hinten laute Musik entgegen. Da wir es geschickt so geplant haben, dass wir noch 20 Minuten auf den Bus warten müssen, gehen wir dem Geräusch mal nach. Was soll ich sagen … Ich hab davon mal ein Video gemacht, das ich leider nicht hochladen kann. Daher nur ein wenig stimmungsvolles Foto, aber immerhin:

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Dicht an dicht hunderte auf den Fitnessbikes. Vorne ein Einheizer und laute Discomusik.
Jetzt steht man so als alter Radfahrerhase daneben, alle treten im Gleichtakt, die Musik wummert und alle heben zusammen die Arme in Vorfreude auf das gemeinsame Strampelerlebnis. Da kommen mir vor Begeisterung fast die Tränen. Ich möchte mit die Arme heben, rufen, jauchzen und mitstrampeln. Also, sowas mal in Hamburg und ich wäre aber ganz vorne mit dabei. Bevor ich über den Zaun springe und einen der Glücklichen vom Rad schubse, trennen wir uns widerstrebend uns gehen zum Bus, der auch tatsächlich kommt. Jetzt noch durch die lebendige und irgendwie pulsierende Stadt nach Hause. Wir bleiben noch auf einer Bank sitzen, trinken etwas und schauen uns um. In der Kirche gegenüber beginnt gerade mit allerhand Schaulustigen eine Hochzeit. Touristen und Einheimische schlendern die Einkaufsstraße entlang. Uns zieht es noch zu einer Trommelgruppe auf einem kleinen Platz. Die Temperaturen sind sehr erträglich – die Steinbank auf die wir uns setzen ist fast noch knallheiß. Ohne zu zucken bleiben wir entspannt darauf sitzen und lauschen den Rhythmen. Schnell noch in einen Supermarkt und dann ab nach Hause. Um zehn sind wir mit Abendbrot fertig und konnten sogar mal echte Luft ins Appartement lassen. Jetzt freuen wir uns demnächst auf das Bett.

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Tag 78. València

Trotz Klimaanlage nicht unbedingt gut geschlafen. Viel zu warm hier. Morgens um halb zehn bringe ich mein Fahrrad zum Check. Es sind schon 31 Grad. Ich weiß, für euch Spanier ist das ein Klacks, aber Julia und ich fallen fast in Ohnmacht, als wir uns auf den Weg machen in die Stadt. Eineinhalb Stunden später sind wir bei 37 Grad, worüber uns die städtischen Thermometer gerne informieren. Ich weiß gar nicht, ob ich das so genau wissen will. Letzten Endes ist es auch egal, alles was über 28 Grad geht ist sowieso zu heiß. Wir kleben fröhlich an den Plastikbezugsitzen des “Bus turistic” fest, der uns auf Route A erstmal in den historischen Kern der Stadt führt. Kurze Zeit später halten wir es nicht mehr aus und ziehen uns in einen Park auf eine schattige Bank zurück. Um uns herum wird fleißig gejoggt, Fahrrad gefahren und auf den öffentlichen Fitnessgeräten geturnt, während wir ermattet darniederliegen. Auch hier Ameisen und ich kann Julia mal lustige Experimente mit der Wurst von meinem Bocadillo zeigen. Ich prahle mit meinem Ameisenwissen. Eine ruhmreiche Minute. Ich bin allerdings fixiert auf eine kalte Cola zu meinem Brot und wenig später schleppen wir uns zu einem gigantischen “Carrefour” Supermarkt. Mit dem Betreten desselben folgt bei mir die automatische Gedächtnislöschung und ich starre geistlos wie immer auf geräucherte Schweinebeine, Tiefkühlfisch in Scheiben und lecker aussehende Blätterteigteilchen. Sehr lecker. Zu meiner Überraschung will Julia so ein Teilchen kaufen und ich hab ausnahmsweise mal gar nichts dagegen. Obst haben wir gestern schon ein wenig gekauft.

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Danach wieder in den Park und auf die Bank. Ein Wind kommt auf und ab und zu Wolken. Wir können unser Glück kaum fassen und entscheiden uns, wieder in unseren Bus zu steigen, um zum Meer zu kommen. Hier noch etwas wandern und dann nach Hause. Regen wäre schön. Oder ein arktischer Wind. Auch gehen eine spontane kurzzeit-Eiszeit hätten wir nichts einzuwenden. Aber wie das ja immer so ist mit Eiszeiten. Kommen immer nur, wenn man sie gerade nicht gebrauchen kann. Hier noch einige Fotos von unserem Haus und der Straße:

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Und von València:

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Mehr ging heute nicht. So ein Handy ist wirklich fürchterlich schwer, so bei 37 Grad…

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Tag 77. Nules – València

Aufstehen um sechs. Die Sonne geht gerade auf, selbst die Ameisen schlafen hier noch. Beflügelt hüpfe ich in die Sanitäranlagen und putze Zähne etc. Danach schnell das gestern geschmierte Brot (wie kann Brot über Nacht so steinhart werden?!) runtergewürgt. Speichelproduktion läuft auf Hochtouren, um die knochentrockenen Brocken nach unten zu befördern. Und los. Ich friere fast. Ein selten gewordener Luxus, den ich genieße. Ja, hätte ich Ende März auch nicht gedacht. Durch endlose Orangenhaine. Was hier so romantisch, wild und schön klingt, ist es auch fast. Die orange getupfte Plantagenidylle wird nur durch den nicht allzu fernen Hauch von Abgas und Autolärm im wahrsten Sinne getrübt. Ich ruckele auf sparsam asphaltierten Straßen durch die Obstlandschaft, habe aber wenig Sinn dafür, denn mein Ziel ist València.

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Da komme ich dann auch mal locker 1,5 Stunden zu früh an. Warum bloß? frage ich mich und parke am Bahnhof, um auf Julia zu warten. Natürlich muss ich auf Klo und natürlich traue ich mich nicht, mein Fahrrad alleine zu lassen, um zu dem McDonald’s auf der anderen Straßenseite zu gehen. Ich schnappe mir meinen kleinen Hocker und lese. Nach 10 Minuten ist alles unterhalb des Bauchnabels eingeschlafen. Ich stehe auf und stakse herum. Menschen kommen und gehen. Telefonieren und starren mich an.

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Da endlich kommt meine Julia und winkt mir fröhlich zu, als sei das das normalste der Welt. Ist es irgendwie auch merke ich, als wäre ich nie weg gewesen. Nur dass wir jetzt in einer anderen Stadt sind und uns die 30 Grad erheblich ermüden. Julia ist aber auch schon um viertel vor vier (!) aufgestanden. Wir treffen José in dem kleinen Appartement. Er ist sehr nett und freut sich dass ich etwas spanisch verstehe. Freundlich sagt er irgendwann dass ich ihm sagen soll, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich bin schonmal froh, dass ich das verstanden habe. Paradox. Er verlässt uns wieder und kurz danach sehen meine verstreuten Sachen aus, wie aus einer Explosionszeichnung. Wir essen, was ich noch so in meiner Tasche finde und machen uns auf den Weg, zum Rumgucken und Einkaufen. Landen schließlich bei McDonald’s, um ein Eis zu essen und kommen erschlagen wieder am Appartement an. Jetzt etwas ausruhen und dann für morgen planen :-)

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Tag 76. Nules

Was für ein lahmer Tag. Es ist heiß. Ich bin morgens am Strand. Rein ins Wasser. Raus. Heiß heiß heiß. Wieder rein ins Wasser. So geht das drei Stunden lang, bis die Hitze unerträglich wird. Dann mache ich das einzig sinnvolle in dieser Hitze. Ich fahre Fahrrad. In den Geisterort, der aber einen Supermarkt hat. Eigentlich brauche ich nichts, kaufe aber trotzdem allerhand. Gestern gab es Reis mit Corned Beef und Artischockenherzen. Interessant. Nach vier Bissen war ich bis obenhin vollgestopft und unsicher, ob mir die Kombination wirklich so gut gefällt, wie ich im Supermarkt gedacht hatte. Um fünf wieder ab an den Strand. Diesmal mit Schwimmbrille. Die Saison in der Unterwasserwelt ist wohl auch noch nicht angebrochen, auch hier herrscht gähnende Leere, bis auf einige Plastikfetzen, die träge im Wasser schwimmen. Ich schleppe mich wieder an den Strand auf meine Matte. In dem Maße, in dem die Ameisen mit zunehmender Hitze schneller und aktiver werden, nimmt meine Aktivitätslust rapide ab. Den höchsten Puls erziele ich mit in der Sonne rumliegen. Meine Gedanken sind bei morgen und den letzten zweieinhalb Monaten. Ich frage mich, was ich am Ende für Erkenntnisse zusammenfassen werde. Auf jeden Fall bin ich zum ersten Mal so braun, dass ich sehen kann, dass ich Pigmentstörungen in der Nähe des Knöchels habe. Das ist doch schonmal was.
Erstmal aber sehe ich Julia morgen und wir verbringen eine schöne Woche zusammen. Julia hat etwas (berechtigte) Sorge vor der Hitze und ich etwas Sorge vor der großen Stadt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir beides gut überstehen werden.

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Tag 75. Benicàssim – Nules

Erstmal Brot kaufen. Ich bestelle mit wissendem Lächeln zwei “Kaiser”. Ebenfalls lächelnd packt sie mir zwei Baguettes in die Tüte. Das hatte ich mir eigentlich anders erhofft. Entweder die Kaiser Brötchen haben heute eine andere Form oder das mit der Verständigung war ein Pustekuchen. Egal. Heute also weiter. Es ist ziemlich warm und es weht kein Lüftchen. Aber es ist keine lange Strecke und ich fahre ein Stück auf einer der umgebauten alten Bahnstrecken, einer “via verde”. Hübsch.
Ich gondele also so vor mich hin. Vor mir ein Paar Holländer mit Elektrorädern. Die überhole ich mal locker. Ich gondele weiter. Anscheinend kann der Holländer es nicht auf sich sitzen lassen, von mir überholt worden zu sein, denn er setzt zum Überflug an. Seine Frau müht sich trotz Trittverstärkung ab, hinter ihm herzukommen. Ich bremse unbemerkt etwas ab, damit sein Ego nicht leidet. Als sie an mir vorbei sind, halte ich kurz an, bis ich seinen pfeifenden Atem nicht mehr hören kann. Also weiter. Jetzt überholt mich ein oberflächlich sportlich aussehender Mountainbike Fahrer. Aber nur mit Mühe. Am nächsten Berg hab ich ihn schnell wieder direkt vor mir. Hektisch blickt er sich um. Ja, denke ich, hättest du nicht gedacht was?! Na gut, ich schnaufe etwas und lasse mich zurückfallen. Ich bin einfach zu nett. Er tritt ordentlich los und ich hoffe, dass er das etwas durchhält.
Ich mache kurz Pause an der Hauptstraße, fahre aber schnell weiter als ich merke, dass die Hecke, an die ich mich angelehnt habe, voller Spinnennetze ist. Ich bin erstaunlich lange verschont geblieben, merke ich. Eigentlich warte ich angstvoll auf eine Riesenspinne, so wie die blaugraue, die wir als Kinder mal im Landhaus meiner Tante an der Wand entdeckt haben. Noch sind es aber nach wie vor nur Ameisen, die es auf dem Campingplatz, an dem ich nun ankomme, ebenfalls reichlich gibt. Diese hier sind irgendwie schneller als die anderen. Eine läuft über mein Bein und während ich sie noch versonnen beobachte, beißt sie einfach in meinen Oberschenkel. Kann man ja mal probieren, so ein lecker Stück Fleisch, aber als die nächste in meinen Fuß beißt wird mir klar, dass hier ein anderer Wind weht. Das, oder die Sonnencreme auf meinen Beinen ist für die Ameisen das, was eine kalte Cola für mich ist. Naja, Ameisenbisse sollen ja wohl gesund sein. Ich flüchte an den Strand und ins Wasser. Kein Mensch da. Auch auf dem Platz ist fast niemand. Genauso wie in den umliegenden Ortschaften, von denen die meisten Ferienorte sind. Fühlt sich an wie Sonntags in der City Nord. Gespenstisch.
Ich werde mir jetzt einen Supermarkt suchen. Dann dusch ich, dann schlaf ich, morgen verbrenn ich, und übermorgen stehle ich der Königin ihr Kind.
Äh, ach nee, da treffe ich Julia

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