Morgens regnet es in Strömen. Ich bin froh, im Hotel zu sein. So kann ich rausgucken und warten bis der Regen aufhört. Ich frühstücke in Ruhe, soweit das geht. Ich bin nämlich aufgeregt. Dann endlich los. Wind von vorne. Berge. Sonne. Alles egal, ich bin beflügelt. Im Schatten auf einer Bank mache ich eine kurze Pause. Am Horizont habe ich schon die Skyline von Madrid gesehen.
Bei McDonald’s wird nochmal Pause gemacht, ich muss etwas essen. Meine Taschen wurden in den letzten Tagen immer leichter und ich habe auch nichts neues mehr gekauft. Der Weg jetzt bis zu meiner Tante ist etwas kniffelig. Mein Navi funktioniert hier nicht, weil es mich nicht auf den Nationalstrassen fahren lässt. Außerdem ist der Verkehr hier langsam ziemlich dicht, in jeder Hinsicht. Aber wird schon.







Ich bin da. Ich bin tatsächlich diese ganzen Kilometer mit dem Fahrrad gefahren. Ich denke zurück, an den Start über die Elbbrücken. Ein tolles Gefühl. Und jetzt, nach 91 Tagen, in Madrid angekommen. Viel Stress, viel Angst, viel Freude und viel Dankbarkeit. Auch viel Einsamkeit und viel Vermissen. Viel Ruhe und Zeit für Traurigkeit. Beim Rad fahren viel Anstrengung, aber auch Lebensfreude. Ich habe viel Energie verbraucht, viel Willenskraft und Kalorien ebenfalls. Ich habe kleine Dinge des Lebens schätzen gelernt und gemerkt, mit wieviel weniger ich auskommen kann, als ich gedacht habe. Und wie unwichtig manche Äußerlichkeiten sind, im Gegensatz zu menschlicher Wärme und schlichter Freundlichkeit.
Ich werde sicher noch etwas Zeit brauchen, um in Ruhe über alles nachzudenken.
Habe ich mich verändert? Was habe ich von dieser Reise erwartet, was habe ich bekommen?
Ich wollte irgendwie mit dem Tod meines Vaters klarkommen. Ich habe aber auf dem Weg nach und nach verstanden, dass Heilung nicht etwas ist, dem ich hinterherlaufen (oder fahren) kann. Irgendwann wird sie sich einstellen und irgendwann wird die Zeit dafür da sein.
Es war gut, alleine zu sein. Aber das hat Grenzen, die ich jetzt kenne. Nach einem Monat werden Menschen mehr und mehr wichtig. Diejenigen, die mir nahe stehen und alle, die Teil hatten an meinem Blog. Euch alle habe ich immer bei mir gehabt und das war sehr gut und wichtig für mich. Es fiel mir mit euch im Rücken nicht schwer, immer positiv zu sein, trotz aller Probleme, wovon es rückblickend eigentlich erstaunlich wenige gab. Klar, Fahrrad weg. Aber auch darüber bin ich nicht böse. Ich bin einfach nur froh, endlich meine Schwester und meine Mutter wiederzusehen und bald auch wieder Julia und unser Zuhause.
Und neben den vielen kleinen Erkenntnissen kommt mir ein für mich positives und passendes Wort in den Sinn, das diese Reise und mich irgendwie gut beschreibt: Schörkellos.


Ich danke allen, die mich auf dieser Reise begleitet und unterstützt haben. Eure Hilfe, Gedanken und Kommentare waren für mich das größte Geschenk.