Archiv für den Monat: Mai 2014

Tag 55. Tossa de mar

Die Nacht war nass, aber nicht annähernd so katastrophal, wie ich in meiner Weltuntergangsplanung gedacht hatte. Ab vier regnet es nicht mehr und ich kann um acht sogar draußen frühstücken. Und das, obwohl ich mir ja Brot geschmiert und verschiedenste Nahrungsmittel mit ins Zelt genommen hatte. Ich war überhaupt extrem gut vorbereitet und hatte sogar alles gepackt um den erwarteten sintflutartigen Regenfällen unter das sichere Dach der Damentoiletten zu fliehen.
Ich frühstücke also und lege mich nochmal ins Zelt. Um eins entscheide ich mich, den kleinen “Cami de ronda” an der Küste zur Stadt zu wandern. Die Wolken hängen so tief, dass man meinen könnte, es hätte die Sonne nie gegeben. Trotz der lauten Brandung des Meeres herrscht eine Stille, die mich mit Ruhe erfüllt. Die nebelartigen Wolken und der einsame Weg geben mir ein unwirkliches Gefühl. Immer wieder bleibe ich stehen und beobachte das Meer, das türkis schimmert, wie um dem grauen Himmel zu trotzen. Ich fasse immer mal wieder die Korkeichen auf dem Weg an, wie sind alte Bekannte aus Korsika. Gerne würde ich mal eine Schlange sehen oder eine Eidechse, aber alles scheint zu schlafen. Statt dessen suche ich auf dem Weg Gewürze. Ich hatte als Kind mal einen kleinen Thymianstrauch im Garten, um den ich mich natürlich nicht kümmert habe, aber seitdem haben der Thymian und ich eine besondere Verbindung, finde ich. Aber ich entdecke nichts annähernd Thymianartiges, nicht mal Lavendel, den es hier sonst zu Hauf gibt. Wie Sand am Meer quasi, auf den ich gerade schaue, während ich das hier schreibe. In Tossa de mar laufen vereinzelt Menschen am Strand und auf den Straßen. Ich kaufe mir was zu trinken und esse mein bocadillo. Dazu lasse ich mich sogar herab eine stumpf hin und hertappelnde Taube zu füttern, die daraufhin mit doppelter Geschwindigkeit um mich herumscharwänzelt, was zugegebenermaßen ziemlich dämlich aussieht. Sie kann ihren Kopf gar nicht so schnell vorstrecken, wie ihre Füße zu den hingeworfenen Brotkrümeln wollen. Dummerweise ist es etwas steil und die Krümel fallen schnell Richtung Meer. Aber sie bekommt sie alle. Respekt. Ich lese etwas und als ich nach einiger zeit aufschaue hängen die Wolken noch tiefer und ich kann die nächste Bucht schon gar nicht mehr sehen. Ich entscheide mich zurück zu wandern. Angekommen setze ich mich auf meinen Platz am Meer und trinke meinen Tee.

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Ich bleibe morgen auch noch hier, weil eigentlich die Sonne scheinen soll, was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, aber gut. Meine nächste Station ist Barcelona und ich genieße hier nochmal die Einsamkeit.

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Tag 54. Tossa de mar

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Nein, das ist nicht mein Frühstück, sondern mein Hering in weißer Soße gestern. Ein wahrer Leckerbissen. Eigentlich sicherlich für vier Personen gedacht, aber gestern war kein Tag für halbe Portionen.

Duschen gehen. Ich habe das ganze Bad für mich und könnte quasi von Dusche zu Dusche hüpfen. Ich mache die Dusche an. Jetzt ist das ja so eine Sache mit Campingplatzduschen. Man geht rein, zieht alles aus und startet den Duschvorgang. So in der Theorie. Die Praxis sieht häufig ganz anders aus. Man geht rein, zieht alles aus, startet die Dusche. Springt gleich darauf in die hinterste Ecke der selbstverständlich sehr großzügig bemessenen Duschkabine, denn das Wasser ist eiskalt. Im Zurückspringen reißt man die Hälfte der Klamotten von dem einzigen Haken, die daraufhin Kontakt mit dem schon kalt nassen Boden aufnehmen. Und während man hektisch alles wieder aufhebt, kann man von Glück sagen, wenn einem nicht eine Mücke in den Po sticht.
Irgendwann wird dann das Wasser heiß. So wie in meiner Dusche. Allerdings wird es jetzt heißer und heißer. Es gibt wohl nur kalt und sehr heiß, wie wir ja gelernt haben “muy caliente”. Ich entscheide mich also großspurig für die muy caliente Variante. Nach 2-3 Sekunden fängt meine Haut an zu jucken. Vielleicht doch lieber etwas weniger muy caliente. Also “menos muy caliente” für uns Sprachbegabte. Es pendelt sich tatsächlich so ein, dass es kurz ganz heiß ist, dann etwas kühler und dann wieder heiß. Damit kann ich leben. Durch einen Aufmerksamkeit heischenden Juckreiz gibt mir die Haut auf meinem Rücken zu verstehen, dass sie nun bereit für die Welt ist. Egal wohin, Hauptsache weg von meinem Rücken. Ja, das steht mir an den Beinen auch noch bevor. Wie wunderbar nachhaltig so ein Sonnenbrand doch ist. Vielleicht hole ich mir noch einen in Madrid, als schöne Erinnerung.

Ich mache einen Ausflug nach Tossa de mar. Dazu habe ich mich entschieden, den Shuttle Bus vom
nahe gelegenen Hotel für 5 Euro zu nehmen. Die Entscheidung war richtig, es geht permanent bergauf. Tossa de mar ist ein touristisches Städtchen mit Strand und mittelalterlicher Altstadt. Ich komme natürlich zur Mittagszeit an, weil ich noch mein Fahrrad putzen wollte. Trotzdem haben einige Läden offen und kaufe erstmal ein. Dann suche ich mir ein Plätzchen am Meer um zu essen.

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Ich habe mir zwei “bocadillos” gemacht, zwei belegte Brote, wie eigentlich immer. Aber bocadillo klingt viel besser, als “Stulle”. Ich genieße das aufgewühlte Meer und dass es noch nicht regnet. Es gibt zum Tee etwas Gefülltes, mit Schokolade.

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Vier Stück davon haben gerade mal einen Euro gekostet und so schmecken sie auch. Ich esse gleich zwei, vor grenzenloser Begeisterung.
Ich versuche gerade nicht an Pappe zu denken, als ich Juchzer und Schreie von links höre. Ein Glasboden Boot schaukelt heftig auf den Wellen. Ich frage mich, wieviel Meeresboden man sehen kann, wenn man damit beschäftigt ist, sich festzuhalten oder sich nicht zu übergeben. Das ganze hat eher etwas von einer Achterbahnfahrt. Jedenfalls nach den Schreien der Leute zu urteilen. Dann schiebt sich ein größeres Boot vom offenen Meer auf den Strand zu. Es landet einfach so am Strand. Immerhin so groß wie eine HVV Fähre.
Ich glaube ich muss noch etwas warten bis hier wieder auch in den Straßen was los ist. Also bleibe ich einfach sitzen.

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Langsam wird es kalt und zieht sich immer mehr zu. Es soll von 20h an regnen, bis morgen Nachmittag. Jetzt also die erste richtige Probe für mein Zelt, denn es soll viel runterkommen. Naja, Rad ist eingepackt und alles regenfest gemacht. Jedenfalls bis es durchregnet. Aber das wird es ja nicht :-) . Vielleicht sollte ich mir Brot schmieren und ins Zelt nehmen, dann muss ich das nicht morgen im Regen machen. Aber eine tortilla hab ich schon gekauft …

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Tag 53. Sa Riera – Tossa de mar

In der Nacht fängt es an zu regnen. Panisch springe ich in meine Hose und klettere aus dem Zelt. Ich muss das Fahrrad einpacken und die Taschen mit unter die Fahrradplane stellen. Wieder mal bin ich reingefallen. Die Tropfen klingen im Zelt wie 5 Liter Eimer voll Wasser und draußen spüre ich sie gerade mal eben auf der Haut. Wo ich jetzt schon wach bin kann ich auch auf Klo gehen. Und das Fahrrad packe ich trotzdem ein!

Ich quäle mich gleich zu Beginn keine Ahnung wie hoch, aber es geht vier bis fünf Kilometer nur steil bergauf. ABBA singt irgendwas von “life is motion”. Bei mir ist nichts mit motion. Ich zelebriere schnaufend die Entdeckung der Langsamkeit. Der Wind kommt kräftig aus Süden, wo ich nun zufälligerweise gerade hin muss. Irgendwann bin ich oben. Leider ist es nicht das letzte “oben”, wo ich heute hin muss. Ich ändere die strecke etwas ab und lande auf einer Straße, die wie eine Autobahn aussieht. Es sind aber schon drei Polizeiautos an mir vorbeigefahren ohne mich zu stoppen. Und Verbotsschilder für Fahrradfahrer gab es auch nicht. Ich muss 10km auf dieser Straße fahren. Am Ende bei meiner Ausfahrt, sehe ich ein Schild: eine durchgestrichene Autobahn. Alles klar, denke ich und um eine Erfahrung reicher verlasse ich die “Autopista 7″, die jetzt tatsächlich auch so heißt.
Ich muss noch einkaufen und gehe nun doch endlich mal zu einem Lidl. Gegenüber ist Aldi, ich kann mich nicht entscheiden. Lidl ist 5 Meter näher, also Lidl. Und was finde ich da? Erstmal natürlich alles schön auf deutsch und da im Kühlregal steht Hering in weißer Soße. Eigentlich wollte ich Fertignudeln machen, aber da kann ich nicht widerstehen. Happy verlasse ich Lidl und merke, dass ich nun bald Pause machen muss. Ein paar Kilometer weiter setze ich mich an die Promenade und esse endlich mein Brot. Ein paar Tauben schleichen um mich rum. Da eine davon sich gerade auf meine Lenkertasche entleert hat, bin ich bockig und lasse keine Krümel fallen. Bis auf einen, aus Versehen, der jetzt ganz nah an meinem Fuß liegt. Ich sehe der Taube an, dass sie sich nicht zwischen Angst und Hunger entscheiden kann. Schließlich siegt der Hunger und der Krümel wird aufgepickt. Danach springt sie vor lauter Glück spontan auf die Bank neben mich. Das ist mir doch etwas zu nah und ich sage freundlich: “wenn du noch einen Schritt näher kommst, bist du die längste Zeit eine Taube gewesen”. Genauso spontan zieht sie sich also wieder zurück und pliert statt dessen auf die Kekspackung zu meinen Füßen und kommt diesen gefährlich nahe. Den Füßen meine ich, und ich sinniere darüber, wie weit eine Taube fliegen kann, wenn sie nicht die Flügel benutzt …

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Nun, es hilft nichts, ich muss weiter. Der Wind wird nicht weniger und die restlichen 20km werden nochmal schwer. ich würde sie gerne vermeiden, aber das bleibt mir wohl verweh(r)t.
Es geht hoch und runter, keine 100m waagerecht. Aber eine sehr schöne Strecke. Wenn ich nach vorne gucke, ist es recht demoralisierend. Also gucke ich die Gräser und die Straße an. Ein auf einen Millimeter gepresster Frosch scheint mir von der Straße aus müde zuzuwinken. Ich würde den Gruß ja gerne erwidern, aber ich bin selber zu platt. Kurz streift meine rechte Hand am Felsen einen Busch oder so. Als ich hingucke sind bestimmt hundert Ameisen auf meiner Hand. Schlecht, wenn man sich gerade ein besonders steiles Stück hochquält und zwei Reisebusse von vorne kommen. Also ignoriere ich die aufgeregt an meinem Arm hochkrabbelnden neuen Freunde und fahre überaus gelassen weiter. Sobald ich kann entlasse ich die Ameisen wieder auf den Boden, wo die jetzt ein gutes Stück zu Fuß wieder nach Hause gehen müssen. Immerhin geht es für sie ja bergab.
Hoch hoch hoch. Runter. Wieder hoch hoch hoch und ganz kurz runter. Die “runter”-Passagen drängen mir unweigerlich die Frage auf, wie weit sich mein bepacktes Fahrrad eigentlich in welcher Geschwindigkeit neigen kann, bevor es einfach unmotiviert umkippt. Ich verschiebe den überaus interessanten Test dazu auf später …

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In allerspätestens 10 Jahren weiß doch keiner mehr, was das Schild hier bedeutet …

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Ich bin endlich angekommen, Beine wie Gummi, aber der Platz ist sehr schön :-)

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Tag 52. Sa Riera

Am Vorabend geht ein englisch sprechendes Kind mit seinem Vater an meinem Zelt vorbei und erzählt begeistert “there lives a big man in the tent, a biiiigg man”. Ok. Ich wurde in Frankreich zwar schon verschiedentlich für einen “Monsieur” gehalten, aber “biiiiggg” hat mich noch keiner genannt. Ich weiß nicht ob ich mich freuen soll ..,

Heute ist es mal eher kühl, ich will eine kleine Wanderung machen. Ich bin in den Bergen der Costa brava. Ich will nach Begur, mir ein Castell ansehen und dann so gut es geht an der Küste wieder nach Sa Riera. Erstmal geht es unterhalb der Straße einen kleinen Wanderweg entlang.

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Mohnblumen sind etwas, was mich seit Deutschland begleitet. Das haben nicht mal die Zitronenfalter geschafft. Und Kuckucksrufe. Ich glaube ich habe noch nie so viele Kuckuckse (wie auch immer hier die Mehrzahl ist) gehört, wie in Frankreich und jetzt Spanien.

Bis ich nach Begur komme und unverhofft ein sehr touristisches Städtchen vorfinde. Ich freue mich über die ganzen Menschen, ich hatte schon befürchtet, dass hier alles verwaist ist. Ich finde sogar einen Supermarkt um mir nocilla zu kaufen. Heute ist immerhin Sonntag.

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Die Sonne kommt raus und ich werde schlagartig müde. Gestern Nacht wurde auf der gegenüberliegenden Bergseite eine Party gefeiert und immer wenn ich aufgewacht bin, haben sie gerade dasselbe Lied wie schon die drei mal davor gespielt. Vielleicht war das auch nur das Echo.

Ich setze mich auf eine Bank an diesem Platz und genieße die aufkommende Wärme. Aus einer Ecke strömen plötzlich viele kleine Kinder, alle mit einem Luftballon in den Händen. Es weht etwas und die Luftballons fliegen hin und her, sobald eines der Kinder die Hände öffnet. Alle Leute auf dem Platz und in den Cafés beginnen sich die Aufgabe zu teilen, den Kindern, die mit ihren kurzen Beinchen den wegfliegenden Ballons nicht hinterherkommen, die Ballons wiederzugeben. Ich mache auch fröhlich mit und so sind wir vereint im hin- und herlaufen. Fröhlich und lustig.

Träge schleppe ich mich zum Castell hoch. Ist aber ein schöner Ausblick da.

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Und ich hab mir mal richtig was gegönnt:

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Mein Rückweg geht ein ganz kleines Stück an der Küste entlang:

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Jetzt bin ich wieder zu Hause und versuche verzweifelt, den spanischen Brennspiritus zum brennen zu bekommen. Dagegen ist der französische ja eine richtige Rakete. Naja, wird schon.

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Tag 51. Empuriabrava – Sa Riera

Heute endlich mal weiter. Vom Nichtstun krieg ich schon eine regelrechte Wampe. Ich freue mich darüber, dass mein französisches Nutellaglas bald leer ist. Dann gibt es nämlich endlich “nocilla” – die spanische Nutella Variante. Die gab es bei uns schon, als wir noch Kinder waren und alles, was nutella-artig war, hieß bei uns nocilla. Ich glaube sogar heute noch. Dabei spricht man das keineswegs wie “Godzilla” aus. Vielmehr handelt es sich bei der Aussprache um eine Verneinung (no), gefolgt von einer kräftigen Zustimmung (si!!), um dann nochmal quasi sicherheitshalber mit einem deutschen “ja!” zu enden. Ungefähr so. Ach, das wird ein Fest!
Ich habe ein Brötchen für die Pause geschmiert, auf das ich mich jetzt schon freue. Mein Messer benutze ich wirklich häufig und finde es toll, so ein Messer auch mal wirklich sinnvoll zu nutzen. Ich hatte schon als Kind eine Messeraffinität, allerdings habe ich sie hauptsächlich dazu benutzt, um mir beim Schnitzen in den Finger zu schneiden. Ich glaube, es gehört sicher mit zu den erschreckendsten Dingen für Eltern, wenn ein Kind sagt: “Papi, ich glaube der Daumen fällt ab”. Papi, der natürlich eben noch etwas zu Messern, Schnitzen und Vorsicht gesagt hatte, bleibt gelassen und wickelt ein Taschentuch fest um den Daumen, sodass nicht ein Tropfen Blut rausläuft. Ich war schwer beeindruckt und er war mein Held für den Rest des Tages. Die Narbe kann ich immernoch sehen.

Der Sonnenbrand auf dem Rücken löst sich jetzt langsam von mir, in feinen Streifen natürlich. Dafür habe ich quasi (das scheint ein Lieblingswort von mir zu sein, merke ich gerade) einen brandneuen an den Innenseiten der Oberschenkel und auf den Schultern. Eine super Kombination zum Fahrrad fahren und Rucksack tragen. Naja, da kann man wohl zu Recht sagen “selber Schuld”. Macht nichts, ohne zu klagen fahre ich los – ist auch schwer, wenn man die ganze Zeit die Zähne zusammenbeißt. Nein, so schlimm ist es nicht. Wer nicht hören will …
Also, hier einige Impressionen und Eindrücke:

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Ein besonderen Eindruck auf der Straße hinterlässt diese platt gefahrene Schlange:

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Ich mache Pause an einem
Rastplatz und endlich sehe ich einen Feigenbaum mit einer Feige dran. Unter einigen Mühen zupfe ich sie ab und nehme meine Beute mit zur Picknickbank.

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Sieht gut aus irgendwie. Ich schneide sie auf und bin ratlos. Das kenne ich aus Korsika irgendwie anders. Hier fehlt doch eigentlich der Inhalt?! Nicht mal die Ameisen wollen das Ding haben.

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Weiter geht’s. Und ich komme an, in den Bergen. Hübsch hier. Kaum Leute auf dem Platz, schon gar nicht Fahrradfahrer. Was vielleicht daran liegt, dass man sich hier echt hochquälen muss. Es gibt Waschmaschinen, mit integrierter Waschmittelzufuhr. Das ist gut, waschen wäre mal nicht verkehrt. Ich schmeiße mein Geld ein und ignoriere gekonnt die 25%tige Chance, das richtige Programm für meine 30 Grad Wäsche zu drücken. Es gibt “frio”, “normal”, “caliente” und “muy caliente”. Immerhin bin ich bei muy caliente nicht hängen geblieben. Der freundliche, englisch sprechende Mann an der Rezeption vermutet, dass “caliente” so ungefähr bei 60-90
Grad liegt. Und “muy caliente” wäre dann vielleicht über 90 Grad. Ich bin erstaunt. Ich dachte 90 Grad ist schon Kochwäsche? Was wäre denn dann über 90 Grad? Ultrahocherhitzte Hochofen Wäsche? Hat natürlich den Vorteil, dass der Sand von Strand schmilzt und so leicht abgewaschen werden kann. Wie auch immer, ich habe ja etwas abgenommen, kann die Wäsche ja ruhig etwas einlaufen … Ja, haha. Aber soviel dann bitte doch nicht. Der Rezeptionsmann ist sich unsicher und fragt seinen Chef. Kein Problem, die Maschinen sind auf 37 Grad reguliert. Tja. Da denkt man denn, man wählt mal ein richtig ordentliches “muy caliente” Programm und bekommt trotzdem nur 37 Grad. Gut für mich allerdings. Ich nehme die fertige Wäsche aus der Maschine und alles sieht gut aus. Riecht nach nichts, außer leicht nach Chlor. Ich bin mir nicht sicher ob da wirklich Waschmittel drin war. Egal. Jetzt muss ich aber endlich mal kochen. Meine Wäscheleine habe ich natürlich irgendwo liegen lassen, wie ich feststellen muss. Das war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Aber wer braucht schon Wäscheleinen …

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Tag 50. Empuriabrava

Ich sitze beim Frühstück. Die Milch schmeckt irgendwie anders heute, vielleicht ist sie schon auf dem Weg, schlecht zu werden. Aber der Magen muss gefüllt werden und ich weiß nicht wohin sonst damit. Also einfach essen. Ich spüle den Geschmack mit einem
großen Schluck Chlorwasser aus dem Wasserhahn runter. Köstlich. Meine Margarine besteht fast gänzlich nur noch aus einem glasigen Flockengemisch. Ich frage mich, wie ich das Frühstück mit -2 bis +5 Grad morgens ausgehalten habe. Da hatte ich noch Probleme, die Nutella überhaupt aus dem Glas zu bekommen. Jetzt kommt sie mir von ganz alleine entgegen. Es weht noch nicht so viel Wind und ich bin guter Dinge. Vielleicht klappt es ja heute mit dem Strand. Noch beobachte ich die Vögel um mich herum. Die Spatzen fangen die herunterfallenden Samen der Kiefern im Flug auf. Ganz anders dagegen die Tauben. Wenn ich mich drei Minuten mal nicht bewege, denken sie offenbar schon, ich bin nicht mehr da.

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Jetzt kommt der Wind; ich bin eigentlich ganz froh darüber, denn die Sonne hat mir für heute gereicht. Die meisten Leute hier hängen den ganzen Tag vor ihren Wohnmobilen und Anhängern rum. Ist mir irgendwie schleierhaft. Andererseits hat man da natürlich den Kühlschrank mit dem kalten Bier. Ich glaube mittlerweile ist meine kleine Insel um mich herum der einzige freie Platz und er wird schon von verschiedenen Neuankömmlingen ausgelotet. Ich bin morgen ja eh weg. Heute sind die Boule Herren wohl nicht so gut drauf, ich höre ständig nur “nej”. Ich glaube es wird zeit für das Mittagessen. Tja, das macht man eben einen ganzen Tag auf einem Campingplatz. Gucken, duschen, essen, Strand. Das Einzige, was ich in den letzten zwei Tagen gesagt habe, war ein “Hallo”, ein “Morgen” und “na, du Hübscher?” (zu dem Papagei). Ich glaube, ich bin jetzt so weit, bei einer Animation mitzumachen. Leider war der Tanzabend im Restaurant gestern. Tja, wer zu spät kommt… Dafür habe ich leckere Kekse gefunden. Das ist der Nachtisch zum Baguette/Käse/Wurst Mittag. Ich denke an die Familie, Freunde und Kollegen zu Hause. Ich freue mich auch, wieder nach Hause zu kommen und auch darauf, wieder zu arbeiten. Ich vermisse meine Frau, meine Schwester und meine Mutter. Mein zu Hause und mein Auto :-) . Außerdem fühle ich mich wirklich wohl bei der Arbeit. Es fühlt sich insgesamt gut an, zu merken, wo ich hingehöre und sein möchte. Ich bin echt froh und dankbar. Das ist eins der Gefühle, die mich von Anfang an begleitet haben. Froh und dankbar zu sein. Das wurde im Laufe der Zeit tatsächlich eine Art Mantra :-) . Ich hatte bis jetzt viel Glück. Mit dem Wetter, mit den Menschen, die mir geholfen haben, zwar selten, aber alle waren immer nett, wenn ich zB. mit dem Rad Probleme hatte. Ich bin noch kein Mal auf die Schnauze gefallen und ich wurde nicht beklaut. Das Zelt hat gehalten und auch ich bin wider Erwarten noch nicht auseinandergefallen. Klar, es war anfangs reichlich kalt, die Speichenbrüche haben mir zu schaffen gemacht und der eine oder andere geschlossene Campingplatz haben mich gestresst. Aber alles in allem bin ich wirklich froh und dankbar. Ich weiß gar nicht, wie oft ich das auf dieser Reise schon gedacht habe.

So, spontan habe ich grade noch ein “hallihallo” zu meinem unermesslichen Wortschwall in der letzten Zeit hinzugefügt, als ein kleiner Spatz sich endlich mein hingeworfenes Brotstück schnappt.
Und jetzt gibt es Tee. Die beiden Kilo, die ich abgenommen habe, werde ich mir ja wohl wieder zurück holen. Wäre doch gelacht!

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Tag 49. Empuriabrava

Ein kurzer Abstecher in den Ort Empuriabrava verrät mir, dass auch hier hauptsächlich Hotels und Restaurants sind. Ein Ferienort. Und zu dieser Zeit unheimlich öde.
Im Supermarkt sehe ich gleich am Eingang eine klassische Vokuhila Lesbe mit Armtätowierung. Ich dachte so was gibt es gar nicht mehr. Naja, wir beäugen und erkennen uns und ich kaufe weiter ein. Immerhin mal eine gesehen.
Der Sonnenbrand auf dem Rücken fängt jetzt an zu jucken, nachdem er sich im Streit mit dem 8 Kilo Rucksack ziemlich aufgerieben hatte. Ja, die beiden vertragen sich nicht sonderlich gut und der Rucksack war sogar eine zeitlang geradezu untragbar. Ha. Haha. Naja.

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Ich mache eine kleine Wanderung in einem etwas monotonen Naturschutzgebiet. Man könnte auch (schn)öde sagen. Aber Natur ist nie öde, wie ich bald entdecke. In der Ferne sehe ich etwas das aussieht wie ein Storch. Bestimmt ein Geier denke ich aufgeregt. Wieso hier nun ausgerechnet ein Geier sein sollte, weiß ich eigentlich auch nicht. Alles was er hier an Aas finden könnte, wären verendete Grashalme … Es bleibt also auch auf den zweiten Blick ein Storch. Oh, da ist ein Ausguck. Eine Infotafel zeigt mir die mannigfaltigen Vogelarten, die ich hier entdecken kann. Man soll leise sein, zeigt ein Bildchen an der Tür. So öffne ich also mit einem ohrenbetäubenden Knarr-Quietschgeräusch die Tür. Drinnen ist es dunkel bis auf die Ausguck-Schlitze.

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Und tatsächlich. Ich sehe ein paar wahnwitzig seltene Enten und sogar einige überaus seltene Blässhühner, aus der Klasse der Kranichvögel. Ich würde sagen, die haben mit einem Kranich ungefähr soviel gemeinsam, wie ein Storch mit einem Geier. Aber gut. Und etwas versteckt glaube ich sogar eine Möwe zu erkennen – die sind ja nahezu vom Aussterben bedroht. Ich bin angemessen beeindruckt.
Weiter auf dem Weg begegne ich mal wieder Kühen. Viele neugierige Jungtiere dabei. Ich werde beäugt.

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Ich lege etwas Gras hin und warte. Keine Reaktion. Schließlich findet eine große Kuh das Gras und freut sich. Tja.

In völliger Einsamkeit biege ich um die nächste Kurve und bleibe erstaunt stehen. Vor mir sind an die fünfzig große Rucksäcke mit fünfzig kleinen Kindern dran. Einfach so, aus dem Nichts. Ich hab nichts gehört und gesehen, dabei müssten fünfzig kleine Stimmchen in meine Richtung wehen. Winnetou wäre enttäuscht von mir. Und auf einmal ist da ein größer Parkplatz und ein Infocentrum mit Café und Cola Automaten (ein kaltes Getränk, warum nicht?!). Hier esse ich erstmal mein Mittagessen. Es gibt sogar eine Toilette. Hätte ich mich vorhin bei den Kühen ja nicht in die Büsche schlagen müssen.

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Tag 48. Port de la selva – Empuriabrava


Wie auch meine blaue Matte, hält mich nichts mehr auf diesem Campingplatz. Ich mache mich also auf den Weg. Der Wind kommt erstmal hauptsächlich von vorne. Ich freue mich, dass ich am
Berg ein im Windschatten träge vor sich hinrollendes Taschentuch überhole. Aber einfach war das nicht. Auf einmal bin ich raus aus den Bergen und vor mir erstreckt sich erstmal plattes Land. Ist jetzt auch nicht verkehrt, denke ich. Rückblickend sehe ich die Pyrenäen ja noch.

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Erstmal eben für drei Euro meine Bremse richten lassen. Leider nur auf englisch gesprochen, ich merke, dass spanisch nicht annähernd so klappt, wie französisch. Frustrierend. Auf dem nächsten Campingplatz weht derselbe Wind, mit der gleichen Stärke. Unterwegs habe ich mir einen unwürdigen Mattenersatz gekauft, immerhin ist etwas Blau dabei.

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Hier sind fast nur Deutsche. Hier sind sie also alle. Ich hatte bis jetzt eher Italiener, Franzosen und Holländer gesehen. Ich baue mein Zelt auf und schnappe mir Schirm und Matte, um mein Glück am Strand zu versuchen. Ein sehr breiter Strand, ganz ohne Menschen. Als der Wind ganz nebenbei meinen Schirm mühelos umknickt, ist mir auch klar warum. Also wieder zurück. Macht nichts, ich hab mir etwas Strand mitgenommen. Hauptsächlich in meinen Haaren und unter der Kleidung.
Auch hier bin ich ein Exot, es stehen nur Wohnmobile und Anhänger hier rum. Vor und hinter mir wird Boule gespielt. Einer der Herren sagt immer nur “jjjjja!” bei jedem Wurf, ich nehme daher an, dass es Meister ihres Fachs sind. Manchmal wird auch ein etwas länger gezogenes “jjjjjaaaa” gefolgt von einem zackigen “ja!”.
Es gibt hier allerhand Tauben, ich hoffe mein Zelt ist morgen nicht so schmutzig. Dazwischen ist auch ein kleines grünes Papageienpärchen. Hübsche Vögel. Machen allerdings hässliche Geräusche. Ausgleichende Gerechtigkeit. Tja, was mache ich jetzt mal. Hab mir eine spanische Zeitung gekauft. Das ist wie ein Bilderrätsel. Die Bilder verstehe ich, der Rest ist mir rätselhaft. Aber vielleicht bringt es ja was. Mittlerweile haben sich die Herren leider aus meinem Blickfeld geboult. Mein Blick am Heck meines Zeltes:

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Tag 47. Port de la Selva

Ich liege im Zelt. Draußen regnet es. Wenn ich nicht auf Klo müsste, wäre alles super und gemütlich. Ich habe heue frei und der Regen ist mir herzlich egal. Gestern habe ich beschlossen, heute ein wenig zu wandern. Also Frühstück machen, Regen hat erstmal aufgehört. Natürlich nur, um wieder anzufangen, als ich gerade Tee koche. Egal, es tröpfelt nur. Brot schmieren, essen, fertig. In der Hoffnung, dass es später sonniger wird, lege ich mich nach dem duschen wieder hin und döse ein. Um zwölf ist die Sonne da. Anziehen und los. Es stürmt nicht schlecht, aber heue ist der Wind mein Freund :-) . Von Port de la selva aus geht ein Wanderweg um die Spitze des “cap del creus”. Wirklich schön.
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Ich mache Pause und esse Baguette und trinke Tee. Hier ist kein Mensch. Dafür umso mehr Ameisen, mit denen ich mich natürlich, wie gewohnt, gerne beschäftige. Ich mache also mal wieder ein Ameisenexperiment und lasse gehässig ein paar große kekskrümel vom Himmel regnen. Ich bin gespannt wie lange die Tierchen brauchen um die Krümel zu zerkleinern. Nichts da. Die schnappen sich die Krümel, Berge für sie, und hauen damit ab. Wenn ich mir überlege, und das tue ich unweigerlich, wie das in menschlichen Dimensionen wäre, dann gehe ich also nichtsahnend meinen Geschäften nach, als plötzlich ein Keksberg in der Größe eines LKW neben mir einschlägt. Aufgeregt klettere ich darauf und lecke daran. Essbar. Super. Und so würde ich dann meine Kollegen rufen und das Ding mit nach Hause nehmen. Das ist ungefähr so, als würde ich mein Fahrrad von Hamburg nach Madrid tragen. Mit den Zähnen natürlich.
Ich glaube, Ameisen wären die unumstrittenen Herrscher der Welt – glücklicherweise haben sie nicht unseren intellekt.
Dagegen ist die hübsch schwarz weiß gestreifte Spinne, die offenbar irgendwie einen Faden zu meinem Knie geworfen hat und jetzt langsam auf mich zusegelt, eine hohle Nuss. Ich wische sie ohne große Aufregung fort.
Ich glaube, ich habe schon immer sehr geduldig Tiere beobachtet. Und hier sind einfach wenig Menschen, daher kommen hier immer mal wieder tierdokumentationen zum Einsatz.
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Ich glaube ich muss mir jetzt mal eine geschütztere Stelle suchen zum aufwärmen.
Auf dem Weg entdecke ich ein weghuschendes Etwas. Zuerst denke ich dass es eine Schlange ist. Ich stelle meinen Rucksack hin, nehme die Kamera in die Hand und verharre reglos. Da streckt eine Echse ihren Kopf aus dem Loch. Sie blinzelt mich an. Ich blinzele zurück. Wir starren. Es ist eine Viertelstunde vergangen und mir schlafen die Füße ein. Wir starren weiter. Der Wind zerrt an meiner Nase um sie zum laufen zu kriegen, was auch schließlich gelingt. Aber die Echse hat sich ein Stück aus dem Loch bewegt. Etwas krabbelt mir übers Gesicht. Nur nicht zucken. Äußerst misstrauisch guckt die Echse mich weiter an. Ich gehe ganz auf in der Rolle des spontan gewachsenen blauen Baums. Schließlich werde ich belohnt. Ich kann sogar im Schneckentempo die Hand in die Tasche stecken und das iPhone rausholen. Ich muss leider ranzoomen, aber immerhin:
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Am Ende rufe ich ihr noch zu: “hast doch recht gehabt, ich bin gar kein Baum!”
Der Weg zurück ist interessant. Ich probiere aus, wie weit ich mich in den mittlerweile sehr starken Wind legen kann. Das Meer ist ordentlich aufgewühlt.

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Und hier war das Dach noch dran, als ich vorhin dran vorbei gegangen bin.
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Langsam mache ich mir sorgen um mein Zelt. Und richtig, als ich endlich am Campingplatz wieder ankomme, ist mein Fahrrad umgefallen und meine blaue matte ist weg. Das Zelt ist ok, bloß ein Hering rausgerissen. Aber das mit der matte macht mich traurig. Ich renne auf dem ganzen Platz rum, finde sie aber nicht. Irgendwie hatte ich mich an sie gewöhnt. Und praktisch war sie auch. Der Wind zerrt am Zelt und ich muss jetzt was essen.
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Tag 46. Cerbère – Port de la Selva

Ich betrete den Frühstücksraum. Drei Französinnen knabbern an ihren Croissants und nippen am Kaffee. Ein kontinentales Frühstück also. Besteht aus einem Croissant und zwei kleinen Brötchen, Orangensaft, Marmelade und-oh Freude-Nutella. Ach, und Honig. Ich frage mich wie ich das alles auf die kleinen Brötchen kriegen soll. Höflich frage ich nach Tee und bekomme eine Auswahl Beutel, dazu ein Kännchen heißes Wasser. Und den Blick auf das Meer. Wunderbar. Mit dem winzigen Messer, dass ich dazu bekommen habe, versuche ich möglichst leise das erste Brötchen zu halbieren. Die Kratz-, Säbel- und Krachlaute zersägen das französische leise Gespräch hinter mir in kleine Häppchen. Genauso das Brötchen, das spontan in drei Teile zerfällt. Ich bin sicher, die Französinnen hinter mir sehen sich in ihrem Urteil über die deutschen Barbaren mehr als bestätigt. Ungerührt nehme ich das Kännchen Wasser und gieße es in gleichen Teilen in meine Tasse und auf den Tisch. Ebenfalls stoisch nehme ich die winzige Serviette und ertränke sie in dem Wasser. Mittlerweile sind die Brötchenkrümel um meine Untertasse (ich nehme sie als Teller in Ermangelung eines solchen – oder macht man das hier so?!) schön aufgeweicht. Ich glaube wenn ich die alle wieder zusammensetze habe ich ein komplett neues Brötchen. Unauffällig schubse ich die noch trockene Hälfte unter den Tisch. Ich wähle nutella für das erste Brötchen und Honig für das zweite. Außerdem widerstehe ich dem Drang, die kleinen Marmeladen mitzunehmen. Und ein bisschen Butter ist auch noch da. Der Honig ist doch etwas zuviel für das kleine Brötchen, sodass er auf meine Hose und die Untertasse kleckst. Macht nichts, so bleiben die vielen Krümel wenigstens an Ort und Stelle. Mit einem unangenehm schrabenden Geräusch schiebe ich den Stuhl zurück und beginne damit, meine Sachen aus dem Zimmer zu holen. Trotz meines barbarischen Frühstücks, werde ich freundlich angelächelt und man hält mir sogar die Tür auf. Und dann geht es Richtung Spanien. Genauso unspektakulär wie die deutsch-französische Grenze ist auch diese.

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Da war ich eben noch:

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Und da bin ich nun:

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Mir gefällt es spontan besser als Frankreich. Die Häuser sind verspielter und irgendwie offener. Ansonsten ist es landschaftlich natürlich ziemlich gleich, ich bin ja auch gerade mal 15km von Frankreich entfernt. Und doch ist es ganz anders. Ich bin jetzt in Spanien angekommen, nachdem ich Frankreich durchquert habe. Tatsächlich hier. Jetzt muss ich auf spanisch umstellen. In Colera, wo ich eigentlich heute hinwollte, ist später am Tag und vor allem morgen Sturm angesagt mit Windstärke 11. Das war mir doch nicht ganz geheuer, daher bin ich kurzerhand weitergefahren. Auf dem Weg friere ich immer leicht, was das Fahren ziemlich angenehm macht, da es leicht hoch und runter geht. Insgesamt war die Strecke jetzt aber auch nicht so schlimm, von Cerbère nach Colera sind es nur 12km… Jetzt also nochmal 13 mehr und dafür nicht so schlimmer Sturm. Hoffe ich. Noch scheint die Sonne, als ich ankomme und so sieht es aus:

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Ich koche und gehe dann ans Wasser, um zu lesen. Ein Hund kommt ganz alleine von rechts ins Bild getrottet und bleibt erwartungsvoll, aber mit respektvollem Abstand vor mir stehen. Wedel wedel. Wir gucken uns an. Mehr gewedel. Hola! sage ich und lese weiter. Es ist gar nicht so einfach, entspannt zu lesen, wenn man von einem Hund die ganze Zeit überaus erwartungsvoll angeguckt wird. Dann ein “Wuff”. Pause. Noch ein quietschwuffwuffjaulhechel. Ich gucke wieder hoch. “Wuff”. “Tja”, sage ich. “Was willst du denn?!” “Que quieres?” versuche ich es vorsichtshalber auf spanisch. Mein erster spanischer Gesprächspartner. Ich bekomme keine Antwort, dafür hektisches Schwanzgewedel. Dann springt der Hund ins Meer, wühlt mit der Schnauze unter Wasser und bringt mir, aber nicht zu nahe, einen Stein. “Äh”. “Danke?”. Wuff. Das finde ich nun doch irgendwie mühsam für so einen Hund und breche ihm einen Ast von einem Treibholz ab. Den werfe ich dann in seine Richtung. Vorwurfsvoll werde ich angeguckt. Vielleicht hätte ich die tierische Vorurteilsschublade nicht aufmachen sollen. Hund=Stock. So werde ich also eines besseren belehrt, denn dieser Hund ist auf Steine fixiert. Ich werfe einen und Hundi guckt ihm begeistert nach, macht aber nichts. Statt dessen sucht er einen anderen Stein und legt ihn 5m vor mir ab. Ja nun, etwas hilflos werfe ich den nächsten Stein, wieder ohne große Reaktion. Ich frage mich, ob er mich für genauso blöd hält, wie ich ihn. Vermutlich ja. Wir spielen noch etwas weiter, aber dann will ich wieder lesen. Irgendwann haut Hundi wieder ab und ich bin nicht sicher, ob ich ihm nun weiterhelfen konnte. Trotzdem nett.

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Was mich etwas irritiert, ist das hier:

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Touristenschreck? Heidnisches Ritual? Oder hängt einfach an jedem spanischen Strand so ein Kopf? Ich habe keine sinnvolle Erklärung…

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