Tag 55. Tossa de mar

Die Nacht war nass, aber nicht annähernd so katastrophal, wie ich in meiner Weltuntergangsplanung gedacht hatte. Ab vier regnet es nicht mehr und ich kann um acht sogar draußen frühstücken. Und das, obwohl ich mir ja Brot geschmiert und verschiedenste Nahrungsmittel mit ins Zelt genommen hatte. Ich war überhaupt extrem gut vorbereitet und hatte sogar alles gepackt um den erwarteten sintflutartigen Regenfällen unter das sichere Dach der Damentoiletten zu fliehen.
Ich frühstücke also und lege mich nochmal ins Zelt. Um eins entscheide ich mich, den kleinen “Cami de ronda” an der Küste zur Stadt zu wandern. Die Wolken hängen so tief, dass man meinen könnte, es hätte die Sonne nie gegeben. Trotz der lauten Brandung des Meeres herrscht eine Stille, die mich mit Ruhe erfüllt. Die nebelartigen Wolken und der einsame Weg geben mir ein unwirkliches Gefühl. Immer wieder bleibe ich stehen und beobachte das Meer, das türkis schimmert, wie um dem grauen Himmel zu trotzen. Ich fasse immer mal wieder die Korkeichen auf dem Weg an, wie sind alte Bekannte aus Korsika. Gerne würde ich mal eine Schlange sehen oder eine Eidechse, aber alles scheint zu schlafen. Statt dessen suche ich auf dem Weg Gewürze. Ich hatte als Kind mal einen kleinen Thymianstrauch im Garten, um den ich mich natürlich nicht kümmert habe, aber seitdem haben der Thymian und ich eine besondere Verbindung, finde ich. Aber ich entdecke nichts annähernd Thymianartiges, nicht mal Lavendel, den es hier sonst zu Hauf gibt. Wie Sand am Meer quasi, auf den ich gerade schaue, während ich das hier schreibe. In Tossa de mar laufen vereinzelt Menschen am Strand und auf den Straßen. Ich kaufe mir was zu trinken und esse mein bocadillo. Dazu lasse ich mich sogar herab eine stumpf hin und hertappelnde Taube zu füttern, die daraufhin mit doppelter Geschwindigkeit um mich herumscharwänzelt, was zugegebenermaßen ziemlich dämlich aussieht. Sie kann ihren Kopf gar nicht so schnell vorstrecken, wie ihre Füße zu den hingeworfenen Brotkrümeln wollen. Dummerweise ist es etwas steil und die Krümel fallen schnell Richtung Meer. Aber sie bekommt sie alle. Respekt. Ich lese etwas und als ich nach einiger zeit aufschaue hängen die Wolken noch tiefer und ich kann die nächste Bucht schon gar nicht mehr sehen. Ich entscheide mich zurück zu wandern. Angekommen setze ich mich auf meinen Platz am Meer und trinke meinen Tee.

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Ich bleibe morgen auch noch hier, weil eigentlich die Sonne scheinen soll, was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, aber gut. Meine nächste Station ist Barcelona und ich genieße hier nochmal die Einsamkeit.

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Ein Gedanke zu „Tag 55. Tossa de mar

  1. So wie auf deinem letzten Bild sah’s hier auch aus. Den ganzen Tag. Die schönen Aufnahmen, die man sich auf der Touri bustour anhören durfte, sprachen immer von stunning views. Von Stränden und bergen. Clouds permitting ;)

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