Tag 53. Sa Riera – Tossa de mar

In der Nacht fängt es an zu regnen. Panisch springe ich in meine Hose und klettere aus dem Zelt. Ich muss das Fahrrad einpacken und die Taschen mit unter die Fahrradplane stellen. Wieder mal bin ich reingefallen. Die Tropfen klingen im Zelt wie 5 Liter Eimer voll Wasser und draußen spüre ich sie gerade mal eben auf der Haut. Wo ich jetzt schon wach bin kann ich auch auf Klo gehen. Und das Fahrrad packe ich trotzdem ein!

Ich quäle mich gleich zu Beginn keine Ahnung wie hoch, aber es geht vier bis fünf Kilometer nur steil bergauf. ABBA singt irgendwas von “life is motion”. Bei mir ist nichts mit motion. Ich zelebriere schnaufend die Entdeckung der Langsamkeit. Der Wind kommt kräftig aus Süden, wo ich nun zufälligerweise gerade hin muss. Irgendwann bin ich oben. Leider ist es nicht das letzte “oben”, wo ich heute hin muss. Ich ändere die strecke etwas ab und lande auf einer Straße, die wie eine Autobahn aussieht. Es sind aber schon drei Polizeiautos an mir vorbeigefahren ohne mich zu stoppen. Und Verbotsschilder für Fahrradfahrer gab es auch nicht. Ich muss 10km auf dieser Straße fahren. Am Ende bei meiner Ausfahrt, sehe ich ein Schild: eine durchgestrichene Autobahn. Alles klar, denke ich und um eine Erfahrung reicher verlasse ich die “Autopista 7″, die jetzt tatsächlich auch so heißt.
Ich muss noch einkaufen und gehe nun doch endlich mal zu einem Lidl. Gegenüber ist Aldi, ich kann mich nicht entscheiden. Lidl ist 5 Meter näher, also Lidl. Und was finde ich da? Erstmal natürlich alles schön auf deutsch und da im Kühlregal steht Hering in weißer Soße. Eigentlich wollte ich Fertignudeln machen, aber da kann ich nicht widerstehen. Happy verlasse ich Lidl und merke, dass ich nun bald Pause machen muss. Ein paar Kilometer weiter setze ich mich an die Promenade und esse endlich mein Brot. Ein paar Tauben schleichen um mich rum. Da eine davon sich gerade auf meine Lenkertasche entleert hat, bin ich bockig und lasse keine Krümel fallen. Bis auf einen, aus Versehen, der jetzt ganz nah an meinem Fuß liegt. Ich sehe der Taube an, dass sie sich nicht zwischen Angst und Hunger entscheiden kann. Schließlich siegt der Hunger und der Krümel wird aufgepickt. Danach springt sie vor lauter Glück spontan auf die Bank neben mich. Das ist mir doch etwas zu nah und ich sage freundlich: “wenn du noch einen Schritt näher kommst, bist du die längste Zeit eine Taube gewesen”. Genauso spontan zieht sie sich also wieder zurück und pliert statt dessen auf die Kekspackung zu meinen Füßen und kommt diesen gefährlich nahe. Den Füßen meine ich, und ich sinniere darüber, wie weit eine Taube fliegen kann, wenn sie nicht die Flügel benutzt …

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Nun, es hilft nichts, ich muss weiter. Der Wind wird nicht weniger und die restlichen 20km werden nochmal schwer. ich würde sie gerne vermeiden, aber das bleibt mir wohl verweh(r)t.
Es geht hoch und runter, keine 100m waagerecht. Aber eine sehr schöne Strecke. Wenn ich nach vorne gucke, ist es recht demoralisierend. Also gucke ich die Gräser und die Straße an. Ein auf einen Millimeter gepresster Frosch scheint mir von der Straße aus müde zuzuwinken. Ich würde den Gruß ja gerne erwidern, aber ich bin selber zu platt. Kurz streift meine rechte Hand am Felsen einen Busch oder so. Als ich hingucke sind bestimmt hundert Ameisen auf meiner Hand. Schlecht, wenn man sich gerade ein besonders steiles Stück hochquält und zwei Reisebusse von vorne kommen. Also ignoriere ich die aufgeregt an meinem Arm hochkrabbelnden neuen Freunde und fahre überaus gelassen weiter. Sobald ich kann entlasse ich die Ameisen wieder auf den Boden, wo die jetzt ein gutes Stück zu Fuß wieder nach Hause gehen müssen. Immerhin geht es für sie ja bergab.
Hoch hoch hoch. Runter. Wieder hoch hoch hoch und ganz kurz runter. Die “runter”-Passagen drängen mir unweigerlich die Frage auf, wie weit sich mein bepacktes Fahrrad eigentlich in welcher Geschwindigkeit neigen kann, bevor es einfach unmotiviert umkippt. Ich verschiebe den überaus interessanten Test dazu auf später …

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In allerspätestens 10 Jahren weiß doch keiner mehr, was das Schild hier bedeutet …

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Ich bin endlich angekommen, Beine wie Gummi, aber der Platz ist sehr schön :-)

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4 Gedanken zu „Tag 53. Sa Riera – Tossa de mar

  1. Das sieht mega schön aus! Bleib erstmal da und erhol dich von deiner anstrengenden Tour. Wirklich krass, dass du immer noch Energie und Kraft für solche Touren hast. Deine Beine sind sicher wie stahl. Noch mehr als sowieso schon:)

  2. Tolle Fotos und ganz ohne Anstrengung für mich als Leser! Cool! Kein Kater hier…. Ich würde auch auf dem Platz bleiben, wie Malin! Da sieht es wirklich schön aus!
    Ironbiker Schmidt on the road! Und den Ameisen hast du gleich mal ein neues Terrain erschlossen!
    Wir schicken dir Energie und denken viel an dich!

  3. Auf dem jakobsweg muss man teilweise auch auf Autobahnen gehen. Die Spanier sind da einfach ein Stück mehr tranquilo (keine Ahnung wie man das schreibt – aber habe es oft gehört) :)

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