Weiter geht es am Meer. Ich habe mich fast komplett mit Sonnencreme eingeschmiert, seit gestern sind mein Gesicht und meine Beine leicht gerötet. Es weht kein besonderer Wind, daher sind viele Tierchen in meinem Weg, die fast alle an meinen UV-geschützten Lippen kleben bleiben. Ein unvergessliches Erlebnis … Außerdem habe ich entweder diverse kleine Spinnen schon vom Campingplatz mitgenommen oder sie liegen einfach so in der Luft. Ständig ziehe ich mir dünne Fädchen aus dem Gesicht und von den Armen. Ich habe sicher schon fünf Spinnen von mir gesammelt. Heute morgen hatte ich hunderte kleiner Schnecken an meinem Zelt. Niedlich, aber irgendwie nervig.

Ich habe außerdem beschlossen, nicht mehr ständig auf mein Hinterrad zu starren, in Erwartung des nächsten Speichenbruchs. Kommen wird er sowieso, da kann ich auch versuchen, die zeit bis dahin zu entspannen. Das scheint meine momentane Herausforderung zu sein. Entspannen und die Dinge auf mich zukommen lassen. Keine einfache Sache.
Ich mache Pause am Meer. Klingt doch irgendwie gut. Wer kann das schon mal einfach so behaupten (ich weiß, in Hamburg ist das Wetter mies).

Es ist an der Strandpromenade einiges los. Ein Flohmarkt, ein Markt mit Lebensmitteln und überhaupt unheimlich viele Leute. Mittlerweile sehe oder höre ich nur noch selten Deutsche. Hauptsächlich Franzosen und Niederländer. Aber es ist nett, die Menschen hier zu beobachten. Eine Familie kommt vom Strand, die ist nun gerade mal deutsch, deswegen verstehe ich den kleinen Jungen als er zum Vater sagt: „Guck mal Papa, (er deutet auf die Fitnessgeräte, die hier ganz in californischer Manier öffentlich nutzbar sind), mach das doch mal. Dann wirst du dünner und kannst wieder mehr essen!“ Charmant. Papa macht nur „hm“ und geht weiter. Ich sitze auf einer kleinen Treppe neben dem Eingang zum Strand. Ein sehr kleiner Hund, der sich offenbar nicht zwischen Ratte und Fußabtreter entscheiden kann, hechelt mich aufgeregt an. Das Herrchen ruft ihn zurück. Ich verstehe nur „pupu“. Ja genau, denke ich, so siehst du auch aus. Wie ein pupu auf der Windschutzscheibe. Aber er scheint eine Frohnatur zu sein. Das freut mich.
Ich muss wohl mal weiter, obwohl ich eigentlich keine Lust habe. Aber das öffentliche Klo ist geschlossen und meine Blase ist überhaupt nicht d’accord damit.

Und bedenke dies, geschätzter Radfahrer auf reisen: wenn du einen dringend benötigten Schluck aus deiner gut gefüllten Wasserflasche nimmst, indem du sie kräftig zusammendrückst, so dass ein dicker Strahl mittelkalten Wassers deinen Mund köstlich füllt, schließe denselbigen beizeiten, denn sonst besteht die Möglichkeit, dass du aussiehst, als ob du deinen Drang, dich zu erleichtern direkt und ohne Pause erledigt hast.
Na also da bin ich doch endlich angekommen. Zwischendurch Abenteuerpassagen wie diese hier:

Jetzt bin ich auf einem Platz, der wohl eigentlich nicht so für Zelte und Camper gedacht ist. Ich habe mehr oder weniger einen Parkplatz zwischen zwei Mietwohncontainern. Egal, ist nur für eine Nacht. Dann mal duschen und essen. Dafür muss ich erstmal ein Baguette kaufen, ich gewöhne mich langsam ans Baguette mit Käse und Wurst essen, statt zu kochen. Ich kann da sehr konsequent sein, das wissen die Kollegen am besten :-). Also bestelle ich ein Baguette nehme mir noch eine eiskalte Cola. Ich liebe eiskalte Cola. Als alter Hase, was das „BaguetteKäseWurst-Abendbrot“ angeht, kann ich nur sagen, es gibt dazu nichts besseres als eine kalte Cola. Wie auch immer, ich wünsche der Verkäuferin einen „bonne soirée“, weil ich das mittlerweile so gelernt habe. Oh. Da ist sie erstaunt. Und antwortet strahlend „pour vous aussi“ für Sie auch. Ach ist das schön, höflich zu sein. Also ab an den Strand. Ewig breiter Autostrand, bis endlich mal weicher Sand kommt und da ist dann auch schon das Meer. Ich packe meine Sachen aus und genieße den ersten Schluck Cola. Dann immer ein viertel Baguette mit Käse, eins mit Wurst. Käse, Wurst, Käse, Wurst. Baguette weg. Problem. Wie kann denn das so schnell … also wirklich, das war doch eben noch … ? Na gut, ich bin auch satt :-). Irgendwie ist noch ein kleiner Rest Cola in der Dose. Ich kann ihn genau sehen. Aber egal wie ich sie Dose auch drehe und wende, der Rest kommt nicht raus. Und wie es immer so ist, entlässt die ängstlich fürsorgliche Dose ihren Rest erst in der gesicherten Umgebung einer Tüte oder gerne auch eines Rucksacks, in der oder dem sich noch andere Lebensmittel zur Aufbewahrung befinden. Wer in diesem Blog universelle Weisheiten sucht – das ist eine davon.

Ich liege nun also am Strand auf der blauen Matte, ignoriere Den Wind und genieße die Abendsonne, träume entspannt vor mich hin, als mir jemand eine Zunge ins Ohr steckt. „Julie“ ist eine reichlich große schwarze Hündin, die gerade von ihrer Besitzerin aufgeregt zurück gerufen wird. Tja, Julie ist ganz begeistert von mir. „Sie ist immer so schrecklich …“ Mehr verstehe ich von dem Satz der Besitzerin nicht. Ich kann mir den Rest aber denken. “ … schrecklich …“ Sabbernd? Grenzüberschreitend? Ohrenfixiert? „Pas de problème“ sage ich großzügig und lege mich mit einem Sabbersand-Gemisch wieder zurück auf die Matte. Sauberkeit wird aber auch wirklich grenzenlos überbewertet. Gute Nacht
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