Tag 37. Avignon – Saintes Maries de la mer

Ich kann nicht schlafen. Es stürmt 10m über mir in den Baumkronen dermaßen, dass einem Angst und Bange wird. Das eine oder andere mal zupft der Wind auch an meinem Schlafsack und spielt mit meinem Zelt. Ich will heute weiter nach Saintes Maries de la mer fahren. Mach ich auch, denke ich nachts um zwei, egal wie stark es stürmt. Also, aufstehen – eine Stunde früher als sonst, ich muss eh schon seit drei Stunden auf Klo. Ist ja gar nicht so schlimm mit dem Wind, denke ich, als ich endlich meine Sachen gepackt und mich auf den Weg gemacht habe. Alles ganz entspannt, bis ich über die Rhône soll. Auf der Brücke schubst mich der Wind mal in die eine, mal in die andere Richtung. Von da an wird es interessant. Auf jeden Fall strahlend blauer Himmel. Ich fahre mal wieder in die richtige Richtung und finde das ganz super. Ich kann mich quasi treiben lassen, den Tempomat locker auf 25kmh stellen und mir die Gegend anschauen. Nur eine kleine Kurskorrektur und ich fahre gegen eine Wand. Eine Windstärke 10 Wand. Naja, ich schaue lieber nach vorne und hoffe, dass ich heute nur nach Südwesten fahren muss. Es nervt etwas, dass der Wind ab und zu meinen Kopf unbedingt nach Links drehen will, so spannend ist der Ausblick da gar nicht. Obwohl ich jetzt in die Camargue komme, natürlich sofort überall die weißen Pferde sehe (nicht freilaufend) und natürlich auch die – jetzt sitze ich hier seit fünf Minuten und komme nicht auf den Namen. Die mit einem Fuß im Wasser stehen mit dem langen Hals, ihr wisst schon. Das liegt daran, dass mich eben was am Arm gekitzelt hat und als ich den Kopf drehe, sehe ich eine daumendicke haarige Raupe auf meinem Bein, die sich katzengleich an meinem Unterarm gerieben hat. Ehe sie noch “bonjour” sagen kann, kommt sie in hohem Bogen 5 Meter weiter südlich wieder auf der Erde auf, begleitet von guten Wünschen meinerseits (“oh Gott”). Das hatte nun zur Folge, dass sich alle nicht häufig benutzten Wörter schlagartig in die Abstellkammer meines Gehirns zurückgezogen haben, meinem sofortigen Zugriff erstmal verschreckt entzogen. Aber “Flamingo” wagt sich wieder hervor!

Jetzt tut es meiner Buddha-Natur doch etwas leid um die Raupe. Aber ich bin sicher ihre Haare haben sie gut abgefedert. Der Wind versucht jetzt permanent, mich in eine stabile Seitenlage zu drehen. Meine 60kg lassen das aber einfach nicht zu, so dass er frustriert mit meiner blauen Billig-Matte spielt. Die Flamingos sind mittlerweile weggestelzt. Ich denke, das werde ich jetzt auch mal tun, denn das Mittelmeer lockt.

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Und hier jetzt doch die wilden Pferde:

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Ich hab noch 14 km vor mir, 12 davon auf dieser Strecke:

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Ich hab schon das Gefühl dass die Geier über mir kreisen, aber als ich genauer hingucke, sind es nur Fliegen :-) . Es geht nur im Schneckentempo voran, weil ich Angst vor den Schlaglöchern habe. Na, irgendwann werde ich schon ankommen.
Und da ist es endlich. Da fährt man mal kurz 2000km und schon – bäm! Mittelmeer.
Ja, da bin ich nun. Wer hätte das gedacht.

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2 Gedanken zu „Tag 37. Avignon – Saintes Maries de la mer

  1. Le mer!! Herzlichen Glückwunsch, du hast schon einen riesen Teil deiner Reise geschafft! Unfassbar. Mit dem Fahrrad ans Mittelmeer. Jetzt kannst du einen Gang runter schalten und die Reise noch mal richtig genießen. Das hast du dir jetzt auch verdient. Grüß mir das Meer und die Eidechsen!

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