Tag 42. Sérignan – Port-La-Nouvelle

Weiter geht es am Meer. Ich habe mich fast komplett mit Sonnencreme eingeschmiert, seit gestern sind mein Gesicht und meine Beine leicht gerötet. Es weht kein besonderer Wind, daher sind viele Tierchen in meinem Weg, die fast alle an meinen UV-geschützten Lippen kleben bleiben. Ein unvergessliches Erlebnis … Außerdem habe ich entweder diverse kleine Spinnen schon vom Campingplatz mitgenommen oder sie liegen einfach so in der Luft. Ständig ziehe ich mir dünne Fädchen aus dem Gesicht und von den Armen. Ich habe sicher schon fünf Spinnen von mir gesammelt. Heute morgen hatte ich hunderte kleiner Schnecken an meinem Zelt. Niedlich, aber irgendwie nervig.

20140508-123421.jpg

Ich habe außerdem beschlossen, nicht mehr ständig auf mein Hinterrad zu starren, in Erwartung des nächsten Speichenbruchs. Kommen wird er sowieso, da kann ich auch versuchen, die zeit bis dahin zu entspannen. Das scheint meine momentane Herausforderung zu sein. Entspannen und die Dinge auf mich zukommen lassen. Keine einfache Sache.
Ich mache Pause am Meer. Klingt doch irgendwie gut. Wer kann das schon mal einfach so behaupten (ich weiß, in Hamburg ist das Wetter mies).

20140508-123657.jpg

Es ist an der Strandpromenade einiges los. Ein Flohmarkt, ein Markt mit Lebensmitteln und überhaupt unheimlich viele Leute. Mittlerweile sehe oder höre ich nur noch selten Deutsche. Hauptsächlich Franzosen und Niederländer. Aber es ist nett, die Menschen hier zu beobachten. Eine Familie kommt vom Strand, die ist nun gerade mal deutsch, deswegen verstehe ich den kleinen Jungen als er zum Vater sagt: “Guck mal Papa, (er deutet auf die Fitnessgeräte, die hier ganz in californischer Manier öffentlich nutzbar sind), mach das doch mal. Dann wirst du dünner und kannst wieder mehr essen!” Charmant. Papa macht nur “hm” und geht weiter. Ich sitze auf einer kleinen Treppe neben dem Eingang zum Strand. Ein sehr kleiner Hund, der sich offenbar nicht zwischen Ratte und Fußabtreter entscheiden kann, hechelt mich aufgeregt an. Das Herrchen ruft ihn zurück. Ich verstehe nur “pupu”. Ja genau, denke ich, so siehst du auch aus. Wie ein pupu auf der Windschutzscheibe. Aber er scheint eine Frohnatur zu sein. Das freut mich.
Ich muss wohl mal weiter, obwohl ich eigentlich keine Lust habe. Aber das öffentliche Klo ist geschlossen und meine Blase ist überhaupt nicht d’accord damit.

20140508-124820.jpg
Und bedenke dies, geschätzter Radfahrer auf reisen: wenn du einen dringend benötigten Schluck aus deiner gut gefüllten Wasserflasche nimmst, indem du sie kräftig zusammendrückst, so dass ein dicker Strahl mittelkalten Wassers deinen Mund köstlich füllt, schließe denselbigen beizeiten, denn sonst besteht die Möglichkeit, dass du aussiehst, als ob du deinen Drang, dich zu erleichtern direkt und ohne Pause erledigt hast.

Na also da bin ich doch endlich angekommen. Zwischendurch Abenteuerpassagen wie diese hier:

20140508-174642.jpg

Jetzt bin ich auf einem Platz, der wohl eigentlich nicht so für Zelte und Camper gedacht ist. Ich habe mehr oder weniger einen Parkplatz zwischen zwei Mietwohncontainern. Egal, ist nur für eine Nacht. Dann mal duschen und essen. Dafür muss ich erstmal ein Baguette kaufen, ich gewöhne mich langsam ans Baguette mit Käse und Wurst essen, statt zu kochen. Ich kann da sehr konsequent sein, das wissen die Kollegen am besten :-) . Also bestelle ich ein Baguette nehme mir noch eine eiskalte Cola. Ich liebe eiskalte Cola. Als alter Hase, was das “BaguetteKäseWurst-Abendbrot” angeht, kann ich nur sagen, es gibt dazu nichts besseres als eine kalte Cola. Wie auch immer, ich wünsche der Verkäuferin einen “bonne soirée”, weil ich das mittlerweile so gelernt habe. Oh. Da ist sie erstaunt. Und antwortet strahlend “pour vous aussi” für Sie auch. Ach ist das schön, höflich zu sein. Also ab an den Strand. Ewig breiter Autostrand, bis endlich mal weicher Sand kommt und da ist dann auch schon das Meer. Ich packe meine Sachen aus und genieße den ersten Schluck Cola. Dann immer ein viertel Baguette mit Käse, eins mit Wurst. Käse, Wurst, Käse, Wurst. Baguette weg. Problem. Wie kann denn das so schnell … also wirklich, das war doch eben noch … ? Na gut, ich bin auch satt :-) . Irgendwie ist noch ein kleiner Rest Cola in der Dose. Ich kann ihn genau sehen. Aber egal wie ich sie Dose auch drehe und wende, der Rest kommt nicht raus. Und wie es immer so ist, entlässt die ängstlich fürsorgliche Dose ihren Rest erst in der gesicherten Umgebung einer Tüte oder gerne auch eines Rucksacks, in der oder dem sich noch andere Lebensmittel zur Aufbewahrung befinden. Wer in diesem Blog universelle Weisheiten sucht – das ist eine davon.

20140508-181046.jpg
Ich liege nun also am Strand auf der blauen Matte, ignoriere Den Wind und genieße die Abendsonne, träume entspannt vor mich hin, als mir jemand eine Zunge ins Ohr steckt. “Julie” ist eine reichlich große schwarze Hündin, die gerade von ihrer Besitzerin aufgeregt zurück gerufen wird. Tja, Julie ist ganz begeistert von mir. “Sie ist immer so schrecklich …” Mehr verstehe ich von dem Satz der Besitzerin nicht. Ich kann mir den Rest aber denken. ” … schrecklich …” Sabbernd? Grenzüberschreitend? Ohrenfixiert? “Pas de problème” sage ich großzügig und lege mich mit einem Sabbersand-Gemisch wieder zurück auf die Matte. Sauberkeit wird aber auch wirklich grenzenlos überbewertet. Gute Nacht

Posted from here.

5 Gedanken zu „Tag 42. Sérignan – Port-La-Nouvelle

  1. Die Schnecken, Hasi! Wie entzückend!! Tolle Fotos, schöne Landschaft!!
    SO! braune Beine und Finger und das Gesicht bestimmt auch!
    Aber es ist sicherlich schwer zu entspannen und Dinge auf sich zukommen zu lassen, wenn man alleine ist.
    Zu zwei ist vieles einfacher, geteilt, leichter, besser…..meine Lehre aus sehr einsamen Wochenenden in Berlin und FFM.
    Es ist für mich immer noch sehr schwer verständlich, daß der Himmel, den du siehst so anders ist, die Wiesen nicht knallgrün nach ständigem Regen, wie bei uns und die Strassen definitiv nicht preusisch geteert und mit Streifen versehen….
    Ich vermiß dich.
    Es ist ein tolles Erlebnis und ich würd es so gern mit dir teilen.

  2. Hallo Menina,
    hier giesst es in Strömen, was natürlich gut ist für den Garten. Auch für mich, denn ich kann endlich mal drinnen bleiben. Sonst muss ich ja immer raus, dem Unkraut auf der Spur. Es hat auch keinen Sinn, die Vernichtung kulinarisch zu versuchen. Es ist zuviel und man weiss ja nicht, wer draufgemacht hat. Hoffentlich kommt Olaf morgen. Ich habe schon mal angefangen, den Kompost umzugraben. Ist aber zu schwer. Ich brauchte nur Erde für die Stangenbohnen. Die kletterten in der Veranda schon am Fenster hoch. Geniesse die Fahrt am Meer, ab Pyrenäen und Costa Brava wird’s bestimmt anstrengender. Alles Liebe Mami

  3. ;) ) tauschen? Ich habe Ameisen im Bad zu bieten. Und ganz liebes hotelpersonal (das denkt, dass ein Frühstück ohne viel Fleisch kein Frühstück ist). Und ich darf mich nicht bewegen. Fernsehprogramm hier ist super :)

    1. Äh nee. Ist mir zu weit weg :-) . Und nicht bewegen dürfen würde dem ganzen Unternehmen hier irgendwie ein Ende setzen :-)

Hinterlasse einen Kommentar zu Kerstin P. Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>