Tag 19. Metz

Ein Hotelzimmer. Was für ein Fest. Sofort breite ich alle meine Sachen überall aus. Inklusive des nassen Außenzeltes. Das kommt in die Dusche. Der kleine Tisch ist sofort mit allen möglichen Dingen belegt. Zuerst dusche ich. Danach gehe ich einkaufen – ein Fest. Danach kam wie schon gestern beschrieben, das Gelage.
Heute gucke ich mir Metz an. Es ist reichlich kalt draußen und ich im Pullover. Ich schließe mein Fahrrad mit allen Schlössern an, die ich habe. Vier immerhin. Ich beginne meine Wanderung. Ah, an der gigantischen Kathedrale ist ein Office du tourisme. Prima, rein da. Ich beginne meine Frage nach einem Stadtplan mit “äh”. Dann kneife ich den Schwanz ein und rede auf englisch weiter. Die Dame zaubert einen Plan hervor und ein Stakkato französischer Sätze prasselt auf mich ein. Sie zeigt mit dem Finger auf den Plan, da wo die Kathedrale ist. Von den Wörtern, die sie mir im Affentempo um die Ohren haut, verstehe ich eigentlich nur die Pausen. Aber als sie erneut vehement auf den Plan piekst, verstehe ich ein “ici” – hier. Ich traue ihr zu dass sie mir verklickern will, dass dort die Kathedrale ist und wir auch. “Ah” sage ich höflich. Ist ja auch so leicht zu übersehen, das piefige Ding.

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Wieder draußen, im kalten Schatten der Kathedrale, sehe ich einen Supermarkt, der mich magisch anzieht. Weil es da warm ist, natürlich nur. Ich bleibe abrupt vor den gebratenen Hähnchen stehen. Eine Dame neben mir spricht (wie ich hoffe) vor sich hin. Aber nein, nachdem sie ihren Satz beendet hat, guckt sie mich erwartungsvoll an. “Die sind noch warm” sage ich zugegebenermaßen ziemlich lahm, aber immerhin auf französisch. Diese unumstößliche Wahrheit beeindruckt die Dame anscheinend dermaßen, dass sie ihren Wagen ein Stück von mir wegschiebt. Zufrieden gehe ich zu den Mangos. Ist doch gar nicht so schwer, das Französisch. Auch hier werde ich angesprochen, scheint hier im supermarché so Sitte zu sein. Irgendwas mit terrible sagt die Frau und deutet auf die Mangos, ich nicke, denn die Dinger sind steinhart. Ich kaufe ein paar Sachen und freue mich darüber. Wieder draußen scheint sie Sonne. Ich kaufe mir einen grünen Tee (ca. 200ml…), eine deutsche Zeitung und setze mich auf eine Bank. Wieso kann man deutsche bloß immer erkennen? Ist das eine Art Radar oder sehen wir einfach so deutsch aus? Ich natürlich nicht, ich bin bloß eine Französin, die eine deutsche Zeitung liest. Damit das auch klar ist, ziehe ich mein zuvor gekauftes Baguette etwas aus meinem Rucksack. Nachdem ich die Zeitung fertig gelesen habe, spreche ich eine deutsche Familie an. Schockiert über diese ungewollte Erinnerung an die Heimat, schweigen alle, als ich frage ob sie meine Zeitung haben wollen. Ja, muss ja nicht. Kann ich auch woanders loswerden. Sie hätten nun ausgerechnet heute morgen schon eine … nein, also (unsicheres Lachen). Nun denn. Ich wende mich ab und suche mein Glück woanders. Ein Waffelstand erscheint mir da deutlich vielversprechender. Wie gewohnt beginne ich den Satz mit “äh”. Eine wunderbare Einleitung. Macht sie doch deutlich dass ich nicht von hier stamme, unsicher bin und die Sprache nicht so gut spreche. Damit bilde ich mir ein, schonmal alles Wichtige gesagt zu haben. Ich bestelle eine Waffel mit Nutella. Ich zögere kurz bei dem Wort “Nutella”. Sage ich jetzt “Nütella”? Kommt mir wie eine Parodie vor. Dadurch wandelt sich meine Bestellung jetzt eher in eine Frage. Mein Gegenüber zuckt aber nicht und ich bekomme was ich bestellt habe. Lecker.

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Jetzt gucke ich seit einer Viertelstunde eine Gameshow. Es laufen auf fast allen Kanälen Gameshows. Außer natürlich auf Arte. Da läuft eine Doku über den Garten im allgemeinen. Die ganze Viertelstunde über versuche ich Regeln und Ziel dieser Show zu ergründen. Es gelingt mir nicht. Eben mussten zwei gehen und jetzt sind zwei neue Kandidaten da. Sie müssen Fragen beantworten. Das habe ich schonmal rausgefunden. Die beiden Kategorien, aus denen diese zwei jetzt wählen dürfen sind “Tissue” (Stoffe) und “Fromage”. Natürlich. Ich bin schließlich in Frankreich. :-)
Jetzt muss ich Schluss machen, sonst verpasse ich die Simpsons. En francais.

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4 Gedanken zu „Tag 19. Metz

  1. Hi Menina, bisher großartige Schilderungen Deines Leidensweges. So richtig beneiden kann ich Dich allerdings noch nicht, aber der beste Teil kommt ja erst noch.
    Erhole Dich gut im Hotel, genieße Dein Nütella und fahre erst dann weiter, wenn alles trocken ist. Wir haben die Geduld und Zeit, um zu warten.
    Manni

  2. Ich wünsche eine guten Nacht ins Hotel! Dein “Nütella” hat mich fast mein spätes Abendessen gekostet….bin zusammengebrochen vor Kreischen….Kann nicht mehr…Danke dir!

  3. Hey Menina!
    Du bist die Größte für diesen Act! Toller Bericht. Schreiben ist ja eh immer gut und hilft – nicht zuletzt den Zurückgelassenen. Nach wie vor bin ich sicher, dass Du das alles lässig stemmen wirst und voller (weiterer) Geschichten zurückkommst. Bon courage! Lieben Gruß, Corinna (Deine Ex-Nachbarin)

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