Tag 9. Attendorn – Bielstein

Bin jetzt bei McDonald’s, Mittag essen. Schwierig in dieser Atmosphäre die Gedanken von heute morgen aufzuschreiben. Trotzdem wichtig.

Sitze beim Frühstück. Es ist kalt, nass und neblig. Ich packe meinen Schlafsack ein und die Tränen laufen mir das Gesicht runter. Ich weine um meinen Vater, dass er nicht mehr da ist und wie er sterben musste. Es ist unfassbar, einen Menschen zu verlieren. Mir wird klar, warum ich das hier eigentlich mache. Ich tue das, um die Angst niederzuringen. Ein täglicher Kampf eigentlich. Ich habe keine Angst vor der körperlichen Anstrengung oder vor dem alleine sein. Aber vor dem alleine sein, wenn ich nicht weiter weiß und vielen anderen Dingen ebenfalls.
Es gibt viele Menschen, die die Herausforderung lieben, neue Länder zu entdecken und in den Tag hineinzuleben, ohne zu wissen was kommt. Ich gehöre nicht dazu. Die Herausforderung ist nicht unbedingt mit dem Fahrrad nach Madrid zu fahren. Es ist vielmehr das Leben zu Hause gut, ruhig und erfüllend zu meistern. Vielleicht komme ich etwas ruhiger nach Hamburg zurück.

Ich weiß, das ist hier öffentlich und manche kennen mich vielleicht nicht. Aber das hier ist mein Medium und sowas gehört auch dazu. Heute ist ein nachdenklicher Tag und ich bin emotional.

Jetzt sitze ich wie gesagt bei McDonald’s und versuche nicht zu heulen während ich das schreibe. Naja, kennt mich ja keiner hier. Und ich sehe sowas von beknackt aus, dass die meisten sich vermutlich nicht wundern würden, wenn ich lauthals in Tränen ausbreche, wie ich das ja gern mal mache :-) . In voller Regenmontur, mit platten Haaren, kaputten Lippen und knallroter Nase (ich glaube ich habe einen Sonnenbrand) freue ich mich über ein Royal TS Menü und muss erstmal abschließend feststellen, dass ich gar keine so coole Sau bin. Das wusste ich aber schon vorher. Und meine Sorge, ich könnte einfach nur fahren, ankommen und nichts ist mit mir passiert ist glücklicherweise unberechtigt :-) .

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Ach ja, ich bin in Gummersbach. Und der Biggensee ist ganz hübsch, soweit ich das beurteilen konnte. Und ich vergaß zu schreiben, dass es in Attendorn eine Justizvollzugsanstalt gibt, die “Ewig” heißt. Kein Scherz. Hab noch 13km vor mir und da gehts nochmal schön hoch. Das ist gut, denn mir ist saukalt.

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Ich entdecke gerade den ersten Aldi Süd. Ich bin offiziell raus aus dem Norden. Hier ist die Welt auch noch in Ordnung. Der türkische Grill heißt Ali Baba, der griechische Schneider heißt Nikos. Es gibt noch die gelben Telefonzellen und die Jungs haben noch normale Frisuren. Ich schaukele durch die Stadt und lasse mir zeit..,
Und ich zähle die Plakate für die Monster Truck Show. Ungelogen ein schon lange gehegter Wunschtraum zu sowas mal zu gehen. Fällt aber leider nicht in meine Zeit.

Liege im Zelt. Mein Blick in den Himmel:

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Habe zuviele Vitalkekse (von Aldi) gegessen. Fühle mich jetzt ganz unvital. Verrückt.
Gute Nacht.

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5 Gedanken zu „Tag 9. Attendorn – Bielstein

  1. Liebes Meninchen,
    diese Tage gehören auch dazu und sind auf ihre Art wichtig. Auch wenn es sich im Moment vielleicht nicht so anfühlt, gehst du bestimmt befreiter und irgendwie aufgeräumter aus der ganzen Sache hervor. Ich denk an dich.

  2. Liebe Menina,
    ganz viel Kraft für alles, was noch vor dir liegt, reale Etappen und persönliche Kämpfe. Ich glaube, die Kommentare hier machen deutlich, dass viele an dich denken. Da schließe ich mich an.

  3. Im Kloster haben die Mönche mir, immer wenn ich verheulte Tage hatte, gesagt, dass jeder ‘ausgelebte’ kummer raus ist und nicht wieder kommt. Wenn einem die Trauer bewusst wird, erscheint sie größer, wird dadurch aber kleiner. Und deswegen sind auch Tränen gut:)

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