Tag 71. Deltebre – Benicarló

Es geht wieder weiter. Die Strecke die ich gestern gegen den Wind fahren musste, sause ich nun mit Rückenwind lang. Es duftet nach brackigem Wasser und Schwefel. Zweimal weht mir ein Geruch in die Nase, bei dem sich mein Magen ruckartig vom Frühstück befreien will. Glücklicherweise dauert der Geruch nur Sekunden an. Hab ich so spontan auch noch nicht erlebt.
Die Natur um mich herum lebt in trauter Eintracht. Hier jagen zwei Mini-Störche eine Möwe. Dort stolpert eher als dass es fliegt ein Blesshuhn scheinbar grundlos etwas ungeschickt in die Büsche am Straßenrand. Weiter hinten stolziert ein Reiher-ähnlicher, weißer Vogel mit einer nach hinten stehenden Federtolle auf dem Kopf affektiert durch das Reisfeld. Nach und nach nimmt die Einsamkeit ab und Industriegebiete nehmen zu. Als ich an einer Orangenplantage vorbei komme, halte ich und klaue zwei Orangen. Von jetzt an hören die Orangenbäume nicht mehr auf. Ich bin natürlich fasziniert und muss mich jedes mal bremsen, um nicht zu bremsen. Haha. Superintelligentes Wortspiel. Ich will jedenfalls noch mehr Orangen klauen, zumal ganz viele auf dem Boden liegen. Aber ich gebe dem nicht nach, vor allem weil neben den Bäumen und mir ständig die dicken LKWs fahren, was sicher nicht unbedingt gesund ist. Am Straßenrand sitzen ab und zu Frauen unter Sonnenschirmen. Und weil es so warm ist, haben sie auch nicht so schrecklich viel an. Ich vermute welterfahren, dass es keine Orangenverkäuferinnen sind … aber man weiß ja nie. Ich komme gut voran und suche mir einen Sitzplatz am Hafen von Vinaròs.

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Am Campingplatz angekommen, melde ich mich pflichtbewusst erstmal in der Rezeption. Die Empfangsdame hat eine Stimme, die wie ein schlechter Handyempfang klingt. Irgendwie abgehackt und schnarrend. Ich kriege den kleinsten Platz, den ich je hatte. Das Zelt passt drauf und das Fahrrad. In der Nacht werde ich höchstwahrscheinlich entweder in die Büsche fallen, oder über die Zeltleinen. Vielleicht auch beides, das suche ich mir dann spontan aus. Als ich “Zeltleinen” tippe, will mein Handy daraus “Zeltlerinnen” machen. Also wenn ich nicht schon etwas deutsch könnte, würde ich es mit dem Handy ganz sicher super lernen. Was also sind “Zeltlerinnen”? Wer hat das eingespeichert? Bin ich eine Zeltlerin?! Wie auch immer, ich dusche und will dann endlich was essen. Dieses Vorhaben setze ich erstmal gründlich in den Sand.

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Jaha ha. Ich bin heute mal wieder auf einem irrwitzigen Wortwitzhöhenflug.
Hier am Strand sind erstaunlich viele alleinstehende Frauen. Naja, die meisten liegen eigentlich eher (ha. … haha), aber mir ist das irgendwie sympathisch.

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Als ich mich in den Sand lege (hab meine Matte vergessen), stelle ich fest, dass die eben beim duschen artig aufgetragene Bodylotion noch nicht so ganz eingezogen ist. So sehe ich also aus wie ein Streuselkuchen. Ja, der Sand liebt mich. Egal, ich bleibe einfach liegen, ich bin satt und müde.

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3 Gedanken zu „Tag 71. Deltebre – Benicarló

  1. Du klaust Orangen in Spanien und ich Samenkapseln bei Planten un Blomen! Das kriminelle Potential unserer Familie steigt rapide an! Ich muss mal Mami anrufen und sie zu diesem Thema befragen, ich glaube sie hat es von uns allen am Dicksten hinter den Ohren!
    Tag 71!! Das klingt riesig! Ne große Zahl, ne große Nummer! Deine 71 Tage und ungeahnte schriftstellerische Begabung!

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