Tag 46. Cerbère – Port de la Selva

Ich betrete den Frühstücksraum. Drei Französinnen knabbern an ihren Croissants und nippen am Kaffee. Ein kontinentales Frühstück also. Besteht aus einem Croissant und zwei kleinen Brötchen, Orangensaft, Marmelade und-oh Freude-Nutella. Ach, und Honig. Ich frage mich wie ich das alles auf die kleinen Brötchen kriegen soll. Höflich frage ich nach Tee und bekomme eine Auswahl Beutel, dazu ein Kännchen heißes Wasser. Und den Blick auf das Meer. Wunderbar. Mit dem winzigen Messer, dass ich dazu bekommen habe, versuche ich möglichst leise das erste Brötchen zu halbieren. Die Kratz-, Säbel- und Krachlaute zersägen das französische leise Gespräch hinter mir in kleine Häppchen. Genauso das Brötchen, das spontan in drei Teile zerfällt. Ich bin sicher, die Französinnen hinter mir sehen sich in ihrem Urteil über die deutschen Barbaren mehr als bestätigt. Ungerührt nehme ich das Kännchen Wasser und gieße es in gleichen Teilen in meine Tasse und auf den Tisch. Ebenfalls stoisch nehme ich die winzige Serviette und ertränke sie in dem Wasser. Mittlerweile sind die Brötchenkrümel um meine Untertasse (ich nehme sie als Teller in Ermangelung eines solchen – oder macht man das hier so?!) schön aufgeweicht. Ich glaube wenn ich die alle wieder zusammensetze habe ich ein komplett neues Brötchen. Unauffällig schubse ich die noch trockene Hälfte unter den Tisch. Ich wähle nutella für das erste Brötchen und Honig für das zweite. Außerdem widerstehe ich dem Drang, die kleinen Marmeladen mitzunehmen. Und ein bisschen Butter ist auch noch da. Der Honig ist doch etwas zuviel für das kleine Brötchen, sodass er auf meine Hose und die Untertasse kleckst. Macht nichts, so bleiben die vielen Krümel wenigstens an Ort und Stelle. Mit einem unangenehm schrabenden Geräusch schiebe ich den Stuhl zurück und beginne damit, meine Sachen aus dem Zimmer zu holen. Trotz meines barbarischen Frühstücks, werde ich freundlich angelächelt und man hält mir sogar die Tür auf. Und dann geht es Richtung Spanien. Genauso unspektakulär wie die deutsch-französische Grenze ist auch diese.

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Da war ich eben noch:

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Und da bin ich nun:

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Mir gefällt es spontan besser als Frankreich. Die Häuser sind verspielter und irgendwie offener. Ansonsten ist es landschaftlich natürlich ziemlich gleich, ich bin ja auch gerade mal 15km von Frankreich entfernt. Und doch ist es ganz anders. Ich bin jetzt in Spanien angekommen, nachdem ich Frankreich durchquert habe. Tatsächlich hier. Jetzt muss ich auf spanisch umstellen. In Colera, wo ich eigentlich heute hinwollte, ist später am Tag und vor allem morgen Sturm angesagt mit Windstärke 11. Das war mir doch nicht ganz geheuer, daher bin ich kurzerhand weitergefahren. Auf dem Weg friere ich immer leicht, was das Fahren ziemlich angenehm macht, da es leicht hoch und runter geht. Insgesamt war die Strecke jetzt aber auch nicht so schlimm, von Cerbère nach Colera sind es nur 12km… Jetzt also nochmal 13 mehr und dafür nicht so schlimmer Sturm. Hoffe ich. Noch scheint die Sonne, als ich ankomme und so sieht es aus:

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Ich koche und gehe dann ans Wasser, um zu lesen. Ein Hund kommt ganz alleine von rechts ins Bild getrottet und bleibt erwartungsvoll, aber mit respektvollem Abstand vor mir stehen. Wedel wedel. Wir gucken uns an. Mehr gewedel. Hola! sage ich und lese weiter. Es ist gar nicht so einfach, entspannt zu lesen, wenn man von einem Hund die ganze Zeit überaus erwartungsvoll angeguckt wird. Dann ein “Wuff”. Pause. Noch ein quietschwuffwuffjaulhechel. Ich gucke wieder hoch. “Wuff”. “Tja”, sage ich. “Was willst du denn?!” “Que quieres?” versuche ich es vorsichtshalber auf spanisch. Mein erster spanischer Gesprächspartner. Ich bekomme keine Antwort, dafür hektisches Schwanzgewedel. Dann springt der Hund ins Meer, wühlt mit der Schnauze unter Wasser und bringt mir, aber nicht zu nahe, einen Stein. “Äh”. “Danke?”. Wuff. Das finde ich nun doch irgendwie mühsam für so einen Hund und breche ihm einen Ast von einem Treibholz ab. Den werfe ich dann in seine Richtung. Vorwurfsvoll werde ich angeguckt. Vielleicht hätte ich die tierische Vorurteilsschublade nicht aufmachen sollen. Hund=Stock. So werde ich also eines besseren belehrt, denn dieser Hund ist auf Steine fixiert. Ich werfe einen und Hundi guckt ihm begeistert nach, macht aber nichts. Statt dessen sucht er einen anderen Stein und legt ihn 5m vor mir ab. Ja nun, etwas hilflos werfe ich den nächsten Stein, wieder ohne große Reaktion. Ich frage mich, ob er mich für genauso blöd hält, wie ich ihn. Vermutlich ja. Wir spielen noch etwas weiter, aber dann will ich wieder lesen. Irgendwann haut Hundi wieder ab und ich bin nicht sicher, ob ich ihm nun weiterhelfen konnte. Trotzdem nett.

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Was mich etwas irritiert, ist das hier:

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Touristenschreck? Heidnisches Ritual? Oder hängt einfach an jedem spanischen Strand so ein Kopf? Ich habe keine sinnvolle Erklärung…

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4 Gedanken zu „Tag 46. Cerbère – Port de la Selva

  1. Mit dem Fahrrad mal eben nach Spanien. Wow. Ich bin beeindruckt. Das mit dem Hund war wohl so eine Art interkulturelles Kommunikationsproblem. Da gibt es Fortbildungen für, informier dich ruhig mal an der VHS. Ich habe das Gefühl, du bist schon viel entspannter geworden, gut so. Und genug Motivation und Beinkraft für eine Tourverlängerung und das nach eineinhalb Monaten Fahrradfahren. Auch das bewundernswert. Alles in allem bist du einfach eine Heldin. Freundin der Tiere, Trotzerin der Stürme und Bezwingerin der Speichenbrüche. Meine Hochachtung nach Spanien!

  2. Lieben Gruß nach Spanien…es ist so schön von deinen tierischen Begegnungen zu lesen. Habe wieder herzhaft gelacht…ach ja und das ganz große Tier, von dem nur der Kopf da war?
    Hast du einfach nur “Schwein gehabt”, sollst mal “die Sau raus lassen” oder es bezieht sich auf deine “Frühstücksschweinerei”???
    Oder……du sollst dir einfach mal wieder ein dickes Stück Fleisch gönnen!!!! Das dann aber im Restaurant :) )

  3. Hola, wow, in Spanien angelandet, das wirklich viel schöner ist als Frankreich,
    ¡mis mejores deseos! für deine nächsten Etappen :-)

  4. Willkommen in Spanien! Ich hoffe alles wird gut klappen, sonst schrei bitte um Hilfe und wir werden sofort antworten!
    Und nein, solche Köpfe sind nicht “typisch spanisch”! Ich hatte noch nie so eins gesehen!!! Das ist aber nicht ein schöner “erster Eindruck” aus Spanien….
    Hasta pronto!

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