Tag 59. Barcelona

Heute erstmal zum Hotel. Immerhin 42km. Geht ja schnell denke ich. Von wegen. Es geht mitten durch Barcelona, alle hundert Meter eine Ampel. Das bin ich nun echt nicht mehr gewohnt. Ich lasse es also recht ruhig angehen und rolle immer mal alle paar Minuten 100m weiter. Irgendwann bin ich dann da und würde am liebsten einfach schlafen. Also duschen und los. Heute ist schließlich die blaue Route dran. Ich frage beim erstbesten touri Bus am Plaza cataluya ob das die blaue Linie ist. Die Dame guckt mich zwar freundlich aber irgendwie zurückhaltend an. Nein, die blaue Linie ist (natürlich) da drüben. Ist mir gestern mit der roten Linie genau umgekehrt passiert. Wieso ist das eigentlich immer so?! Wie auch immer, ich wundere mich noch über den seltsamen Blick der roten-Linie-Dame, als mir klar wird, dass ich mal wieder komplett in Blau eingekleidet bin. Sogar das tshirt. Vielleicht hat sie das irritiert. Ich setze mich oben hin und freue mich über die Sonne. Vor mir sitzen zwei Amerikanerinnen. Ich höre nur mit halbem Ohr, wie kurze Sätze mit viel “like” und “yeah” im Mund herumgekaut werden, um dann als Brei ausgespuckt zu werden. Na gut, ich möchte gar nicht wissen wie unsere Sprache klingt. Als wir endlich an der Sagrada Familia ankommen, werden die “I was like blablabla and then he was like nuschelnuschel”-Sätze (nur unterbrochen von unmissverständlich zustimmenden “yeah” und “really?!” Antworten ihrer Nachbarin) unterbrochen von Ausrufen höchstem Erstaunens: “aamaaaaaaazing” und “aaaaaaawesome”. Ich bin froh dass die Damen mich akustisch so dezent darauf hinweisen, denn ich hätte es sonst fast gar nicht bemerkt, dieses gigantische Monstrum einer katholischen Kathedrale, dass sich still und heimlich direkt neben mir über hundert Meter in die Höhe erhebt. Als ich vor 20 Jahren (ach Gott ja, sowas kann ich jetzt schon sagen) hier war, gab es nur die beiden Portale und die vier Türme. Ich konnte mich in die Mitte der Baustelle auf den Rücken legen und die Spitzen aller vier Türme fotografieren. Jetzt ist dem quasi ein Ende in Form einer Decke, Kuppel, Ungeheuerlichkeit? – Ich weiß nicht wie ich es nennen soll – gesetzt. Früher hat der Eintritt auch nicht 20 Euro gekostet, denke ich knauserig. Aber eigentlich ist es egal, was es kostet, man muss sich das ansehen. Als ich reinkomme fehlen mir die Worte. Mir wird klar, dass diese Kathedrale es nicht nötig hat “hübsch” und “still” zu sein. Hundert verschiedene Bauweisen, gigantische Säulen, Zacken, Tropfen und Vorsprünge brüllen den Besucher aus jedem Blickwinkel an. Riesige bunte Fenster werfen farbige Flecken auf den Boden und die Säulen. Ich bin fasziniert, schockiert und erschlagen. Monströs und doch irgendwie leicht, modern und trotzdem auch klassisch, grässlich und zutiefst beeindruckend. Ich irre umher und versuche mit meinem kleinen iPhone die schiere Größe einzufangen. Nach einer Weile des schlichten Unglaubens komme ich etwas zur Ruhe. Fast alle Menschen strecken die Hände zur Decke. Religiöse Ergriffenheit könnte man meinen, es sind aber nur die Telefone und Kameras, die hier nach oben gestreckt werden. Ich habe mir auch einen Turmbesuch dazu gebucht, wir rauschen erstmal mit einem Fahrstuhl die 70 begehbaren Meter nach oben. Alles sehr eng aber ein toller Blick. Wieder runter nehme ich die Treppen. Hätte ich Schultern wie Hulk, wäre das jetzt ein Problem. Vor mir gehen zwei Chinesinnen die schmale, sehr schmale, Treppe nach unten. Da ich nun bei den Amerikanerinnen ja schon begonnen habe, Vorurteile zu untermauern, mache ich gleich mit China weiter. Beide haben also eine Kamera. Nun ja. Es ist ja nun so, dass sich der Blick zwischen der einen kleine Treppenstufe und der Folgenden nicht wahnwitzig stark verändert. Aber nicht so für meine beiden Chinesinnen. Jede Stufe verändert den Blickwinkel immerhin um ca. 15-20cm nach unten. Da kann man schonmal eine ganz neue Perspektive entdecken. Besonders wenn man selber nicht so groß ist … Das war böse, aber ich gehöre ja auch dazu. Immerhin schaffe ich es aber noch, aus dem Schrank in der Firmenküche selbständig einen Teller rauszuholen. Das soll mir erstmal einer nachmachen!! (was hier eigentlich alle ohne Schwierigkeiten schaffen, naja fast alle…) :-)
Also, zurück nach China. Der Abstieg ist, wie soll ich sagen, zögerlich? Nein, wir denken positiv und nennen es “entspannt”. Bis es in einer kleinen Wendeltreppe die letzten 30m runtergeht. Das ist nun nicht mehr so leicht, vor allem das geradeaus Gehen am Ende der Treppe.

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Bei Mcdonalds schubse mich wieder auf den weltlich-banalen Burger-Boden. Ich kann es kaum glauben, ich bekomme zu meinem Menu ein Geschenk. Es wurde aber auch Zeit, dass ich meine Liebe zu McDonald’s mit Füßen treten kann :-)

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Dann wieder in den Bus. Ich fahre die blaue Route bis zuende. Den Park mache ich morgen. Wieder am Hotel denke ich “noch schnell auf einen Tee zu McDonald’s?!” – Neeee!

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4 Gedanken zu „Tag 59. Barcelona

  1. Die Sagrada Familia ist der Hammer, Hannes und ich waren vor drei Jahren dort und waren extrem beeindruckt! Wir hatten leider nicht so schönes Sonnenlicht wir Du. Die Bilder sind SUPER! Es gibt übrigens auch ganz viele tolle Tapa-Bars, Mittags sind die Preis deutlich günstiger als Abends! In dem Viertel rund um das Picasso-Museum gibt es viele kleine tolle Bars. Burger und Tütensuppen kannst Du auch im Hamburg haben :-) )
    Sonnige Grüße aus Hamburg – Tina

  2. Fantastische Bilder! Da denke ich das es wirklich und überraschend ein Bauwerk gibt, dass ich wirklich sehen will.
    Ich finde du hast einen sehr guten Schreibstil und eine immer ausgefeiltere Beobachtungsgabe. Alle Inhalte sind wirklich gut geschrieben. Chapeau Schwesterherz!

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